Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
a) Breitere Möglichkeit der Differenzierung
Rz. 131
Innerhalb des Sachwertverfahrens wird in der Praxis der Wertansatz pro Flächeneinheit zu Bewertungsunterschieden beitragen. Zwar sind die Regelherstellungskosten des § 190 BewG, die in Anlage 24 zum Bewertungsgesetz abgedruckt sind, rechnerisch aus den Normalherstellungskosten 2000 abgeleitet, die in Anlage 4 zu § 12 Absatz 5 ImmoWertV 2021 vom 14.7.2021 abgedruckt sind. Dennoch ergeben sich wesentliche Unterschiede. Diese lassen sich bereits aus der äußerst stark eingeschränkten Differenzierung der Regelherstellungskosten gegenüber den Normalherstellungskosten ablesen.
Rz. 132– 134
Einstweilen frei.
b) Marktanpassungsfaktoren
Rz. 135
Bei der Ermittlung des gemeinen Werts sind nicht nur die objektspezifischen Grundstücksmerkmale, sondern auch die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt zu berücksichtigen. Dies erfolgt innerhalb der ImmoWertV 2021 vom 14.7.2021 durch Marktanpassungsfaktoren, sofern die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt nicht bereits auf andere Weise in die Wertermittlung eingegangen sind. Dagegen erfolgt eine Berücksichtigung innerhalb des Bewertungsgesetzes lediglich bei der Anwendung des Sachwertverfahrens durch Anwendung von Wertzahlen (§ 191 BewG).
Rz. 136
Zwar sind als Wertzahlen die Sachwertfaktoren anzuwenden, die von den Gutachterausschüssen für das Sachwertverfahren bei der Verkehrswertermittlung abgeleitet wurden. Jedoch zeigt sich zurzeit in der Praxis teilweise, dass die Sachwertfaktoren der Gutachterausschüsse für ein Bewertungssystem ermittelt worden sind, die beispielsweise von einer nichtlinearen Alterswertminderung (nach Ross) ausgehen. Das Bewertungsgesetz und auch die neue ImmoWertV gehen dagegen von einer linearen Alterswertminderung aus. Somit können die bisherigen Sachwertfaktoren der Gutachterausschüsse nicht unmittelbar bei der Ermittlung des Grundbesitzwerts nach dem Bewertungsgesetz übernommen werden. Deshalb sieht § 191 Abs. 2 BewG vor, dass pauschale Wertzahlen der Anlage 25 zum Bewertungsgesetz maßgebend sind, sofern von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Sachwertfaktoren zur Verfügung stehen. Dies führt teilweise zu erheblichen Verwerfungen und nicht plausiblen Bewertungsergebnissen.
c) Nutzungsdauer
Rz. 137
Wertabweichungen zwischen dem tatsächlichen gemeinen Wert und dem nach § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG festzustellenden Grundbesitzwert können auch auf die in Anlage 22 zum Bewertungsgesetz vorgenommene Typisierung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer zurückzuführen sein. Die Anlage 22 zum Bewertungsgesetz ist sowohl bei der Ermittlung des Gebäudeertragswerts (§ 185 Abs. 3 Satz 3 BewG) als auch bei der Ermittlung des Gebäudesachwert § 190 Abs. 2 Satz 2 BewG von Bedeutung.
Rz. 138
Nach § 4 ImmoWertV 2021 vom 14.7.2021 wird als Restnutzungsdauer die Zahl der Jahre definiert, in denen die baulichen Anlagen bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung voraussichtlich noch wirtschaftlich genutzt werden können. Dabei können Instandsetzungen oder Modernisierungen, die bereits durchgeführt worden sind, ebenso wie unterlassene Instandhaltungen oder andere Gegebenheiten die Restnutzungsdauer verlängern oder verkürzen. Die starre Typisierung der Anlage 22 zum Bewertungsgesetz ist in der ImmoWertV nicht zu finden.
Rz. 139
Die darüber hinaus beim steuerlichen Ertragswertverfahren maßgebende Mindestrestnutzungsdauer von 30 % der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (§ 185 Abs. 3 Satz 5 BewG) sowie die beim Sachwertverfahren vorgesehene Begrenzung der Alterswertminderung auf 60 % (§ 190 Abs. 2 BewG) verstärken die Auswirkungen, die sich aufgrund der Typisierung der Anlage 22 zum Bewertungsgesetz ergeben. Somit kann bei Abweichungen zwischen der Nutzungsdauer, die nach der ImmoWertV 2021 vom 14.7.2021 maßgebend ist, und der Nutzungsdauer, die sich aus Anlage 22 zum Bewertungsgesetz ergibt, der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts erfolgreich sein.
Rz. 140
Beispielsweise ist nach dem Bewertungsgesetz für ein in massiver Bauweise errichtetes Einfamilienhaus dieselbe wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer von 80 Jahren anzusetzen, wie für ein Einfamilienhaus, das in leichter Bauweise (Fertigbauweise) errichtet worden ist. Innerhalb eines Sachverständigengutachtens wäre hinsichtlich der maßgebenden Nutzungsdauer zwischen den verschiedenen Bauweisen zu differenzieren.