Rz. 606
Bei den unter § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG fallenden Personengesellschaften nehmen die OHG und die KG eine bedeutende Stelle ein. Die OHG ist eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist und bei der jeder Gesellschafter den Gläubigern der Gesellschaft mit seinem ganzen Vermögen haftet (§§ 105 Abs. 1 HGB).
Rz. 607
Die KG stellt eine Modifikation der OHG dar, bei der im Gegensatz zur OHG zwei Arten von Gesellschaftern vorhanden sind: zum einen die Komplementäre (= persönlich haftende Gesellschafter), welche für die Gesellschaftsverbindlichkeiten unbeschränkt haften, zum anderen die Kommanditisten, die grundsätzlich nur beschränkt für die Gesellschaftsschulden der KG einzustehen haben. Wie bei der OHG ist der Zweck der Gesellschaft auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet (§ 161 Abs. 1 HGB).
Rz. 608
OHG und KG, einschließlich der GmbH & Co. KG und der Publikums-KG, stellen im ertragsteuerrechtlichen Sinne typische Formen der Mitunternehmerschaft dar. Das Vorliegen einer solchen (gewerblichen) Mitunternehmerschaft setzt allerdings voraus, dass
- 1. die Betätigung der Personengesellschaft entweder sämtliche Tatbestandsmerkmale eines Gewerbebetriebs i.S.v. § 15 Abs. 2 EStG erfüllt oder gem. § 15 Abs. 3 EStG (vgl. hierzu Rz. 816 ff.) als Gewerbebetrieb "gilt" und
- 2. die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind.
Rz. 609
Betätigt sich die OHG oder KG ohne Gewinnerzielungsabsicht, so steht das zwar ihrer handelsrechtlichen Einordnung als Personenhandelsgesellschaft nicht entgegen; denn der Begriff des handelsrechtlichen Gewerbebetriebs setzt nicht das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht voraus. Jedoch erfüllt eine ohne Gewinnerzielungsabsicht tätige OHG oder KG nicht den steuerrechtlichen Begriff der Mitunternehmerschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Rz. 610
Nicht unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG fällt ferner eine in das Handelsregister eingetragene OHG oder KG, welche kein Gewerbe, sondern beispielsweise nur Land- und Forstwirtschaft (§ 3 Abs. 1 HGB) betreibt oder lediglich vermögensverwaltend tätig ist. Solche Gesellschaften gelten als gewerbliche Unternehmen nur, wenn sie die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (gewerblich geprägte Personengesellschaft) erfüllen.
Rz. 611
Ab 1993 richtet sich die bewertungsrechtliche Behandlung des Betriebsvermögens einer OHG oder KG nach der ertragsteuerlichen Beurteilung (R 114 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2003; Abschnitt 10 Abs. 1 Satz 1 AEBewAntBV, BStBl. I 2009, 698, 702; R B 95 Abs. 1 Satz 1 und R B 97.1 Abs. 1 Satz 1 ErbStR 2011 und 2019). Dies gilt auch für die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Personengesellschaft als beendet anzusehen ist. Hierzu entschied der BFH zur Rechtslage vor 1993, dass für eine Personengesellschaft auch dann noch ein Einheitswert des Betriebsvermögens festzustellen war, wenn sich die Gesellschaft in der Abwicklung befand und deshalb nicht mehr der Gewerbesteuer unterlag. Dies sollte gelten, solange noch zu bewertendes Betriebsvermögen vorhanden war. Die vorgenannten Grundsätze sind auch ab 1993 anzuwenden, wobei allerdings die Entscheidung über die Beendigung der Personengesellschaft bei der Ertragsbesteuerung getroffen wird und dann für die Bewertung entsprechend gilt.
Rz. 612– 618
Einstweilen frei.
Rz. 619
Auch ein in vollem Umfang verpachtetes gewerbliches Unternehmen einer Personen(handels-)gesellschaft stellt Betriebsvermögen derselben dar. Dies gilt grundsätzlich bis zu dem Zeitpunkt, in dem die gesellschaftliche Bindung der verpachteten Gegenstände durch Liquidation der Gesellschaft oder auf andere Weise durch Umwandlung des Gesamthandseigentums in freies Eigentum der Gesellschafter erloschen ist. Ab 1993 kommt es für die Annahme von Betriebsvermögen bei einer verpachtenden Personengesellschaft entscheidend darauf an, ob eine Betriebsaufgabeerklärung gegenüber dem Finanzamt abgegeben wurde. Ist dies geschehen, sind die Wirtschaftsgüter, die dem verpachteten Gewerbebetrieb zuzurechnen sind, als Privatvermögen (= sonstiges Vermögen i.S.v. § 110 Abs. 1 Nr. 8 BewG a.F.; nunmehr sog. übriges Vermögen) anzusetzen. Wurde eine Betriebsaufgabeerklärung noch nicht abgegeben, liegt ertragsteuerlich und dem folgend auch bewertungsrechtlich weiterhin ein Gewerbebetrieb vor, unabhängig davon, ob die wesentlichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mitverpachtet sind.
Rz. 620– 635
Einstweilen frei.