Rz. 321
Als vom Erblasser zugewendet gilt nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 Alt. 2 ErbStG, was als Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft gewährt wird.
Schlägt der Nacherbe gegen Abfindung aus, so versteuert der Nacherbe die erhaltene Abfindung nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 Alt. 2 ErbStG, wobei die Abfindung an die Stelle der Anwartschaft tritt. Der Erwerb der Abfindung gilt als vom Erblasser zugewandt. Bei der Besteuerung ist für die Bestimmung der anzuwendenden Steuerklasse und des persönlichen Freibetrags auf das Verhältnis zwischen Nacherbe und Erblasser abzustellen. Der die Abfindung leistende Erbe (Vorerbe) kann diese nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG von seinem Erwerb steuermindernd abziehen.
Rz. 322
Abfindungen im Zusammenhang mit einem Erbersatzanspruch können noch immer steuerrechtliche Wirkung entfalten. Deshalb wurde im Rahmen der Neufassung des ErbStG mit Wirkung ab dem 1.1.2009 das Tatbestandsmerkmal (Abs. 2 Nr. 4 Alt. 3) – im Unterscheid zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (vgl. Rz. 26) – nicht gestrichen.
Rz. 323
Die Ausschlagung gegen Abfindung ist zwar erbschaftsteuerlich seit 1.1.2009 nicht mehr interessant, weil sich durch die Anpassung der Steuerwerte an die Verkehrswerte kaum noch Bewertungsdifferenzen und damit Steuervorteile ergeben. Allerdings ermöglicht die Ausschlagung gegen Abfindung, dass die zivilrechtlich nicht zulässige Teilausschlagung im Ergebnis doch erreicht wird.
Rz. 324
Erhält der Ausschlagende für seinen Verzicht als Abfindung begünstigtes Vermögen i.S. des § 13b Abs. 1 ErbStG, so kann er die Verschonung nach § 13a ErbStG – sofern die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen – beanspruchen (vgl. § 13a ErbStG Rz. 23). Gleiches gilt, soweit das im Nachlass befindliche Familienheim (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b oder 4c ErbStG) abfindungshalber auf den Verzichtenden übertragen wird und dieser die Voraussetzungen § 13 Abs. 1 Nr. 4b oder 4c ErbStG persönlich und sachlich erfüllt.
Rz. 325
§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG erfasst nur Sachverhalte, in denen eine Erbschaft vollständig ausgeschlagen wurde. Die Ausschlagung einer Erbschaft kann nicht auf einen Teil der Erbschaft beschränkt werden; die Ausschlagung eines Teils ist unwirksam (§ 1950 BGB). Eine Anwendung des § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG kommt deshalb auch bei einem fiktiven Erbfall i.S. von § 17 Abs. 2 HöfeO nicht in Betracht, wenn ein Abkömmling des Hofübergebers, der den Hof nicht erhält, nur zum Teil auf die ihm infolge der Hofübergabe zustehenden Abfindungsansprüche verzichtet.
Rz. 326
Ertragsteuerlich geht die Finanzverwaltung davon aus, dass bei einem Nachlass mit Betriebsvermögen die Abfindung als Veräußerungserlös des ausschlagenden Erben (Durchgangsunternehmer) und Anschaffungskosten beim endgültigen Erben zu werten ist. Dies lässt sich allerdings dadurch vermeiden, dass die Abfindung für die Geltendmachung des Pflichtteils geleistet wird.
Rz. 327
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 Alt. 4 ErbStG unterliegt der Erbschaftsteuer, was als Abfindung für die Ausschlagung eines Vermächtnisses gewährt wird. Bei "Abfindung für die Ausschlagung des Vermächtnisses" (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG) entsteht die Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f ErbStG erst mit der Ausschlagung. Sollte die Abfindung den Wert des Vermächtnisses übersteigen, kann dies zu einer Schenkung an den Ausschlagenden führen. Erhält der Ausschlagende für seinen Verzicht als Abfindung begünstigtes Vermögen i.S. des § 13b Abs. 1 ErbStG, so kann er die Verschonung nach § 13a ErbStG – sofern die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen – beanspruchen (vgl. § 13a ErbStG Rz. 23).
Rz. 328
Während die Ausschlagung gegen Abfindung erbschaftsteuerlich ohne Vor- bzw. Nachteile bleibt, ist die Hingabe eines anderen Gegenstandes als des Vermachten – also die sog. Leistung an Erfüllung statt – hingegen erbschaftsteuerlich nicht ungefährlich.
Rz. 329
Beispiel:
Der Unternehmer V hat in seinem Testament seinen Sohn S als Vermächtnisnehmer und seine Tochter T als Alleinerbin eingesetzt. Der Grund hierfür ist, dass S bereits zu Lebzeiten des V vor mehr als 10 Jahren das Unternehmen erhalten hat, so dass ihm als Vermächtnis nur ein Geldbetrag von 1,2 Mio. EUR vermacht wurde. Der Nachlass des V enthält am Todestag 1.10.2019 ein von V bis zu seinem Tod selbstgenutzes, in Düsseldorf belegenes Einfamilienhaus (190qm Wohnfläche) im (steuerlichen = tatsächlichen) Wert von 1,2 Mio. EUR Wertpapiervermögen ist im Wert von 5,0 Mio. EUR vorhanden. S wohnt zur Zeit des Erbfalls in einer Mietwohnung in Mönchengladbach; T seit wenigen Monaten in einem Eigenheim in Hamburg. S ist interessiert, kurzfristig in das Elternhaus in Düsseldorf einzuziehen.
Lösung:
Die von V vorgenommene Verteilung des Nachlasses entspricht nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls. Denn T wird nicht in das Haus in Düsseldorf einziehen.
Schlägt S nicht aus, sondern übergibt T dem Bruder S das Grundstück in Düsseldorf an Erfüllun...