Rz. 51
Wurde auf Antrag eines Erwerbes ein beschränkt steuerpflichtiger Erwerb nach § 2 Abs. 3 ErbStG n.F. (s. § 2 Rz. 110 ff.) als unbeschränkt behandelt, so waren in diesem Fall mehrere innerhalb von zehn Jahren vor dem Vermögensanfall und innerhalb von zehn Jahren nach dem Vermögensanfall anfallende Erwerbe unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln und nach § 14 ErbStG zusammenzurechnen (§ 2 Abs. 3 Satz 2 ErbStG n.F.). Wegen dieses Zeitraumes hatte das FG Düsseldorf Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit Unionsrecht und diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (s. Rz. 114 ff.).
Rz. 52
Der EuGH hat am 8.6.2016 entschieden, dass das Antragsrecht für beschränkt Steuerpflichtige nach § 2 Abs. 3 ErbStG unionrechtswidrig ist. Es verstoße gegen die europarechtliche Kapitalverkehrsfreiheit, dass im Falle einer Schenkung unter Gebietsfremden niedrigere Steuerfreibeträge gelten, wenn der Erwerber keinen spezifischen Antrag stellt. Ein solcher Verstoß liege auch und auf jeden Fall vor, wenn die Steuer auf Antrag eines solchen Erwerbers unter Anwendung des höheren Freibetrags errechnet wird, dieser Antrag aber zur Folge habe, dass alle Schenkungen zusammengerechnet werden, die der Erwerber in den zehn Jahren vor und in den zehn Jahren nach der Schenkung von demselben Schenker erhalten habe.
Rz. 53
Der BFH hat mit Urteilen vom 10.5.2017 daraufhin u.a. entschieden, dass die Wahlrechtsmöglichkeit des § 2 Abs. 3 ErbStG gegen Unionsrecht verstößt. Sobald nicht zur unbeschränkten Steuerpflicht optiert werde, greife die europarechtswidrige Regelung des § 16 Abs. 2 ErbStG a.F.
Rz. 54
Im Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) vom 23.6.2017 wurde durch Art. 4 Nr. 1 Buchst. b § 2 Abs. 3 ErbStG n.F. mit Wirkung ab dem Tag nach Verkündung des Gesetzes (s. Art. 11 Abs. 1 StUmgBG) wieder aufgehoben. Im Gegenzug dazu wurde der Freibetrag in § 16 Abs. 2 ErbStG neu geregelt (s. § 16 ErbStG Rz. 28). Die Neuregelung gilt gem. § 37 Abs. 14 ErbStG n.F. für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 24.6.2017 entsteht.
Rz. 55
Die Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG werden hiernach nur anteilig gewährt, wenn nicht der gesamte Vermögensanfall, sondern nur das darin enthaltene Inlandsvermögen besteuert werden kann. Dadurch soll eine Besserstellung von Erwerbern im Falle der beschränkten Steuerpflicht vermieden werden. Um zugleich sicherzustellen, dass die Besteuerung unter Abzug eines nur anteiligen Freibetrags nicht durch in mehrere Teile aufgespaltene zeitlich gestaffelte Zuwendungen zwischen denselben Personen umgangen werden kann, werden auch frühere, innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallene Erwerbe in die Berechnung des anteiligen Freibetrags einbezogen (s. Rz. 118). Zwischenzeitlich bestehen jedoch gegen die Teilbetragsberechnung bei beschränkt steuerpflichtigen Erwerben wieder erhebliche Bedenken, ob dies nicht gegen die europäische Kapitalverkehrsfreiheit verstößt (s. § 16 ErbStG Rz. 35 ff.).
Rz. 56
Die früheren Erwerbe sind mit dem früheren Wert anzusetzen (§ 16 Abs. 2 Satz 3 ErbStG n.F.). Auch bei diesen vorangegangenen Erwerben richtet sich der Umfang des Vermögensanfalls unabhängig davon, worin der Vermögensanfall besteht und ob es in Deutschland oder einem anderen Staat belegen ist, nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (Weltvermögensprinzip s. § 2 ErbStG Rz. 1).
Rz. 57
Für diese Erwerbe ist es unerheblich, wo der Erblasser oder Schenker oder der Erwerber zu Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) ihren Wohnsitz hatten oder haben werden.
Rz. 58– 61
Einstweilen frei.
Rz. 62
Im Fall der erweiterten beschränkten Erbschaftsteuerpflicht nach § 4 AStG (s. § 2 ErbStG Rz. 117 ff.) muss das sog. erweiterte Inlandsvermögen in die Zusammenrechnung einbezogen werden (s. § 2 ErbStG Rz. 119).