Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 10
Das in den §§ 189–191 BewG geregelte Sachwertverfahren des Sechsten Abschnitts des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes wurde ursprünglich aus dem Sachwertverfahren nach §§ 21 ff. der Wertermittlungsverordnung (WertV) abgeleitet. Mit dem Steueränderungsgesetz 2015 sind Anpassungen an die mittlerweile geltende Sachwertrichtlinie vorgenommen worden. Dieser Umstand wird für die steuerliche Bewertung immer dann besondere Bedeutung haben können, wenn bestimmte Fallkonstellationen nicht unmittelbar mit Hilfe der Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes zu lösen sind. Bei der Ableitung aus der Wertermittlungsverordnung wurde das steuerliche Bewertungsverfahren jedoch gestrafft und vereinfacht. Im Vergleich zum Sachwertverfahren nach der WertV berücksichtigt das Sachwertverfahren nach dem Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes u.a. keine Baumängel und Bauschäden (§ 24 WertV) oder sonstige wertbeeinflussende Merkmale (§ 25 WertV).
Rz. 11
Der nach §§ 21 ff. WertV ermittelte Sachwert ergibt sich aus dem im Vergleichswertverfahren ermittelten Bodenwert, dem Wert der baulichen Anlagen (Gebäude, Außenanlagen und besondere Betriebseinrichtungen) sowie dem Wert der sonstigen Anlagen (z.B. Gartenanlagen, Anpflanzungen und Parks). Die Wertermittlung der baulichen Anlagen erfolgt unter Rückgriff auf die vom Bundesbauministerium veröffentlichten Normalherstellungskosten. Der ermittelte Gebäudenormalherstellungswert ist um eine Alterswertminderung zu korrigieren. Die Alterswertminderung konnte nach der WertV sowohl gleichmäßig (linear) als auch progressiv vorgenommen werden. Zum Teil erfolgte sie nach Ross (Ross’sche Abschreibung). Dabei wird davon ausgegangen, dass mit zunehmendem Alter ein jährlich steigender Betrag anzusetzen ist. Die Immobilienwertverordnung 2010 vom 19.5.2010 (s. Rz. 16 ff.) sieht dagegen die lineare Wertminderung wegen Alters vor. Im Einzelfall sind ggf. auch Baumängel und Bauschäden sowie sonstige Wert beeinflussende Umstände zu berücksichtigen. Der Herstellungswert von nicht vom Bodenwert miterfassten Außenanlagen und sonstigen Anlagen ermittelt sich nach Erfahrungssätzen oder gewöhnlichen Herstellungskosten. Die abschließende Angleichung des Sachwerts an den Verkehrswert erfolgt mittels Marktanpassungsfaktoren, die von den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelt und veröffentlicht werden. Abweichend zur linearen Alterswertminderung nach der ImmoWertV 2010 wurde mit der ImmoWertV 2021 ein Alterswertminderungsfaktor und ergänzend ein Regionalfaktor eingeführt (vgl. dazu Rz. 20 ff.).
Rz. 12
Die §§ 21 ff. des 3. Abschnitts der WertV haben folgenden Wortlaut:
§ 21 Ermittlungsgrundlagen
(1) Bei Anwendung des Sachwertverfahrens ist der Wert der baulichen Anlagen, wie Gebäude, Außenanlagen und besondere Betriebseinrichtungen, und der Wert der sonstigen Anlagen, getrennt vom Bodenwert nach Herstellungswerten zu ermitteln.
(2) Der Bodenwert ist in der Regel im Vergleichswertverfahren (§§ 13 und 14) zu ermitteln.
(3) Der Herstellungswert von Gebäuden ist unter Berücksichtigung ihres Alters (§ 23) und von Baumängeln und Bauschäden (§ 24) sowie sonstiger wertbeeinflussender Umstände (§ 25) nach § 22 zu ermitteln. Für die Ermittlung des Herstellungswerts der besonderen Betriebseinrichtungen gelten die §§ 22 bis 25 entsprechend.
(4) Der Herstellungswert von Außenanlagen und sonstigen Anlagen wird, soweit sie nicht vom Bodenwert miterfasst werden, nach Erfahrungssätzen oder nach den gewöhnlichen Herstellungskosten ermittelt. Die §§ 22 bis 25 finden entsprechende Anwendung.
(5) Bodenwert und Wert der baulichen Anlagen und der sonstigen Anlagen ergeben den Sachwert des Grundstücks.
§ 22 Ermittlung des Herstellungswerts
(1) Zur Ermittlung des Herstellungswerts der Gebäude sind die gewöhnlichen Herstellungskosten je Raum- oder Flächeneinheit (Normalherstellungskosten) mit der Anzahl der entsprechenden Raum-, Flächen- oder sonstigen Bezugseinheiten der Gebäude zu vervielfachen. Einzelne Bauteile, Einrichtungen oder sonstige Vorrichtungen, die insoweit nicht erfasst werden, sind durch Zu- oder Abschläge zu berücksichtigen.
(2) Zu den Normalherstellungskosten gehören auch die üblicherweise entstehenden Baunebenkosten, insbesondere Kosten für Planung, Baudurchführung, behördliche Prüfungen und Genehmigungen sowie für die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Herstellung erforderliche Finanzierung.
(3) Die Normalherstellungskosten sind nach Erfahrungssätzen anzusetzen. Sie sind erforderlichenfalls mit Hilfe geeigneter Baupreisindexreihen auf die Preisverhältnisse am Wertermittlungsstichtag umzurechnen.
(4) Ausnahmsweise kann der Herstellungswert der Gebäude ganz oder teilweise nach den gewöhnlichen Herstellungskosten einzelner Bauleistungen (Einzelkosten) ermittelt werden.
(5) Zur Ermittlung des Herstellungswerts der Gebäude kann von den tatsächlich entstandenen Herstellungskosten ausgegangen werden, wenn sie den gewöhnlichen Herstellungskosten entsprechen.
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