Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 35
Der Grundbesitzwert kann bei der Anwendung des Vergleichswertverfahrens nicht nur aus Vergleichspreisen, sondern auch aus Vergleichsfaktoren abgeleitet werden. In beiden Fällen umfasst der Vergleichswert bebauter Grundstücke nicht nur den Gebäudewert, sondern grundsätzlich auch den Bodenwert.
Rz. 36
Soweit der örtliche Gutachterausschuss für Grundstückswerte geeignete Vergleichsfaktoren ermittelt und dem Finanzamt mitteilt, können diese Vergleichsfaktoren zur Feststellung des Grundbesitzwerts angewandt werden. Eine geeignete Bezugseinheit ist beispielsweise die Wohnfläche. Hierbei handelt es sich um einen Gebäudefaktor. Eine weitere geeignete Bezugseinheit für einen Vergleichsfaktor ist der erzielbare jährliche Ertrag. Insoweit handelt es sich um einen Ertragsfaktor.
Rz. 37
Ebenso ist denkbar, dass sich ein Vergleichsfaktor nur auf den Gebäudewert bezieht. In diesen Fällen ist der Bodenwert zusätzlich zu ermitteln und anzusetzen, wobei die Wertermittlung für den Grund und Boden wie bei einem unbebauten Grundstück nach § 179 BewG erfolgt.
a) Maßgeblichkeit des örtlichen Grundstücksmarktberichts
Rz. 38
Die maßgebenden Vergleichswertfaktoren ergeben sich aus den jeweiligen Grundstücksmarktberichten der örtlichen Gutachterausschüsse. Die Inhalte der Grundstücksmarktberichte sind bereits deshalb von Gutachterausschuss zu Gutachterausschuss verschieden, weil die Bebauungsstrukturen in den einzelnen Regionen unterschiedlich sind. Auch die Qualität der Datensammlung hängt ganz wesentlich vom Umfang der zur Verfügung stehenden tatsächlich verfügbaren Daten ab.
Beispiel
Der örtliche Gutachterausschuss weist für eine bestimmte Regionen für Eigentumswohnungen des Baujahrs 2000 mit einer Wohnungsgröße von 80 m[2] einen Vergleichsfaktor von 2 000 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche aus.
Bei einer zu bewertenden Eigentumswohnung mit einer Wohnungsgröße von 80 m[2] ermittelt sich der Grundbesitzwert wie folgt:
b) Berücksichtigung von Abweichungen
Rz. 39
Häufig wird der örtliche Gutachterausschuss nicht nur Vergleichsfaktoren veröffentlichen, sondern ebenfalls angeben, unter welchen Voraussetzungen die Vergleichsfaktoren angewandt werden können. Die Anwendung der Vergleichsfaktoren setzt voraus, dass die wertbeeinflussenden Merkmale der Vergleichsgrundstücke beziehungsweise der Grundstücke, für die Vergleichsfaktoren bebauter Grundstücke abgeleitet worden sind, mit dem Zustand des zu bewertenden Grundstücks übereinstimmen.
Rz. 40
Liegen hier Abweichungen vor, sind diese durch Zu- oder Abschläge zu berücksichtigen. Dabei sind die Vorgaben des örtlichen Gutachterausschusses für Grundstückswerte maßgebend. Typische Abweichungen können beispielsweise bei der maßgebenden Wohnungsgröße vorliegen. In diesen Fällen wird der örtliche Gutachterausschuss häufig auch Indexreihen oder Umrechnungskoeffizienten zur Verfügung stellen, damit die Vergleichsfaktoren für möglichst viele Fallkonstellationen angewandt werden können.
Rz. 41
Liefert der örtliche Gutachterausschuss zur Berücksichtigung von Abweichungen keine Anpassungsfaktoren, kann das Vergleichswertverfahren des Bewertungsgesetzes an seine Grenzen stoßen. Denn das Vergleichsverfahren kann mit Hilfe von Vergleichsfaktoren nur dann zutreffend angewandt werden, wenn eine hinreichende Übereinstimmung des zu bewertenden Grundstücks mit den Grundstücken unterstellt werden kann, die bei der Bildung der Vergleichsfaktoren herangezogen wurden.
Rz. 42
Die Finanzverwaltung versucht, den Anwendungsbereich der Vergleichsfaktoren nicht zu stark einzuschränken. Das soll dadurch gewährleistet werden, dass nach Abschn. 12 Abs. 4 Satz 2 GV-Erlass vom 5.5.2009 eine hinreichende Übereinstimmung noch unterstellt werden kann, wenn die wertbeeinflussenden Merkmale des zu bewertenden Grundstücks um höchstens jeweils 20 % vom Vergleichsgrundstück abweichen. Die 20 %-Grenze kann sich lediglich auf messbare Größen beziehen. In Betracht kommen beispielsweise die Wohn-/Nutzfläche des Gebäudes, die Grundstücksgröße oder das Alter des Gebäudes.
Rz. 43
Die Hinweise zu Abschn. 12 Abs. 3 und Abs. 4 GV-Erlass vom 5.5.2009 enthalten zu der Problematik das nachstehende Beispiel zur Anwendung der Vergleichsfaktoren.
Beispiel
Der Grundstücksmarktbericht des örtlichen Gutachterausschusses für Grundstückswerte enthält im Zusammenhang mit der Darstellung von Vergleichsfaktoren für Wohnungseigentum ua. folgende Angaben:
1. Definition der Musterwohnung:
Größe (Wohnfläche): |
80 m[2] |
Geschosslage: |
1. OG |
Ausstattung: |
durchschnittlich (mittel) |
Unterhaltungszustand: |
baujahrtypisch |
Vermietung: |
unvermietet |
Garage/Stellplatz: |
nicht enthalten |
2. Vergleichsfaktoren je Quadratmeter Wohnfläche
Die Werte sind umgerechnet auf die definierte Musterwohnung. |
Baujahrsklasse |
1920 bis 1944 |
1945 bis 1960 |
Stadtbezirk |
Wohnlage |
EUR/m[2] Wohn... |