Rz. 364.1

[Autor/Stand] Der BFH[2] hatte sich mit der Frage zu befassen, ob bei der Bewertung eines ehemals landwirtschaftlich genutzten Eindachhofs, bestehend aus einer Wohnung und Stallungen, für die Wohnung ein pauschaler Zuschlag von 20 % nach § 146 Abs. 5 BewG anzusetzen ist. Der BFH hat entgegen der Auffassung des Finanzamts und des Finanzgerichts keinen Zuschlag angesetzt. Denn leerstehende, früher land- und forstwirtschaftlich genutzte Wirtschaftsgebäude verlieren mit der Einstellung der aktiven Bewirtschaftung des Betriebs und der nicht langfristigen Verpachtung der Ländereien regelmäßig nicht ihre land- und forstwirtschaftliche Zweckbestimmung i.S. des § 33 Abs. 1 Satz 1 BewG. Somit scheidet eine Zusammenfassung von Wohnung und Wirtschaftsteil zu einer wirtschaftlichen Einheit aus, weil beide Gebäudeteile nicht derselben Vermögensart angehören.[3] Der BFH hat zudem entschieden, dass die Zugehörigkeit der Wohnung des (früheren) Betriebsinhabers zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen endet, wenn der land- und forstwirtschaftliche Betrieb eingestellt und die Ländereien verpachtet wird. Die pauschale Ermäßigung des Grundbesitzwerts nach § 143 Abs. 3 BewG um 15 % hat der BFH dagegen wegen der Zugehörigkeit der Wohnung zum Grundvermögen nicht in Betracht zugelassen.

 

Rz. 364.2

[Autor/Stand] In dem Entscheidungsfall erklärte die Erblasserin im Jahr 1991 gegenüber dem Finanzamt, dass sie keine Landwirtschaft mehr betreibe. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen habe sie vollständig verpachtet. Vieh halte sie nicht mehr. Die Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes nutze sie ausschließlich zu Wohnzwecken. Daraufhin nahm das Finanzamt auf den 1.1.1990 eine Nachfeststellung für Zwecke der Grundsteuer vor und bewertete darin die Hofstelle zusammen mit einem 4 000 qm großen Grundstücksteil als Grundvermögen (Einfamilienhaus). Mit dem angefochtenen Bescheid stellte das Finanzamt für Zwecke der Erbschaftsbesteuerung den Wert dieser ehemaligen Hofstelle auf den 9.5.2004 nach Maßgabe des § 146 BewG fest, wobei es in Anwendung des § 146 Abs. 5 einen Zuschlag von 20 % ansetze. Mit der Klage wandte sich der Rechtsnachfolger der Erblasserin gegen den Zuschlag. Das Grundstück habe nicht ausschließlich Wohnzwecken gedient, weil noch eine bauliche Verbindung zum Wirtschaftsteil des verpachteten landwirtschaftlichen Betriebes bestanden habe. Das FG[5] wies die Klage ab. Es führte im Wesentlichen aus:

 

Rz. 364.3

[Autor/Stand] Das Finanzamt habe das streitige Grundstück zutreffend der Vermögensart "Grundvermögen" zugeordnet. Das Wohngebäude habe in keinem funktionellen Zusammenhang mit dem – möglicherweise noch bestehenden – land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mehr gestanden. Eine eigene Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen habe nicht mehr stattgefunden. Die Wohnung habe nicht mehr zu dem Zweck aufrecht erhalten werden müssen, um den Betrieb laufend zu überwachen und eine Arbeitsbereitschaft dazu vorzuhalten. Um die Verpachtung der Nutzflächen sicherzustellen, habe es der Anwesenheit des Klägers in dem Wohngebäude nicht bedurft. Damit sei das Wohngebäude Teil des Grundvermögens und nicht mehr dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen.

 

Rz. 364.4

[Autor/Stand] Als Folge dieser bewertungsrechtlichen Zuordnung – die mit der ertragsteuerrechtlichen Zuordnung nicht identisch sein müsse – sei das Grundstück nach Unterabschnitt C des Vierten Abschnitts des BewG zu bewerten. Allein maßgebend sei für bebaute Grundstücke § 146 BewG. Nach § 146 Abs. 5 BewG sei der Grundstückswert um 20 % zu erhöhen, wenn das Grundstück ausschließlich Wohnzwecken diene. Dies treffe im vorliegenden Fall zu, weil in dem Wirtschaftsteil des Gebäudes keine landwirtschaftliche Betätigung mehr ausgeübt worden sei. Allein der Umstand, dass neben dem Wohnteil noch ein Wirtschaftsteil existiert habe, der mit dem Wohnteil baulich verbunden gewesen sei, führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Wirtschaftsteil habe keinen landwirtschaftlichen Zwecken mehr gedient. Dem stünden auch nicht die Verwaltungsanweisungen entgegen, auf die sich der Kläger stütze. Die Regelung in R 155 ErbStR 2003 gelte nur für die Bewertung land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, dem das streitige Grundstücke nicht mehr angehöre.

Dem folgte der BFH nicht, weil es baulich um einen aus einer Wohnung und Stallungen bestehenden Eindachhof handelte. Und die leerstehende, früher land- und forstwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäude mit der Einstellung der aktiven Bewirtschaftung des Betriebs und der nicht langfristigen Verpachtung der Ländereien regelmäßig nicht ihre land- und forstwirtschaftliche Zweckbestimmung verlieren. Somit war für die Wohnung kein Zuschlag von 20 % angesetzt.

 

Rz. 365

[Autor/Stand] Zu den Räumen, die Wohnzwecken dienen, gehören insbesondere Wohn- und Schlafräume, die Küche, das Bad und die Toilette sowie sonstige Neben- und Zubehörräume, wie z.B. Trocken- und Speicherräume sowie Kellerräume. Räume, die sowohl Wohnzwecken als auch gewerbliche...

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