Rz. 30
In bestimmten Fällen können sich die unterschiedlichen Vermögensarten auch auf die Höhe der Grunderwerbsteuer auswirken (vgl. § 8 Abs. 2 GrEStG). Nach § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Grunderwerbsteuer grundsätzlich nach dem Wert der Gegenleistung (Regelbemessungsgrundlage). Die Gegenleistung wird in § 9 GrEStG definiert. Bei einem Kauf ist dies der Kaufpreis (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Auf die Ersatzbemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 2 GrEStG ist zurückzugreifen bei Fehlen einer Gegenleistung (Satz 1 Nr. 1), bei Umwandlungen, Einbringungen und anderen Erwerben auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage (Satz 1 Nr. 2) sowie bei Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an Personen- und Kapitalgesellschaften (Satz 1 Nr. 3). In all diesen Fällen bemisst sich die Grunderwerbsteuer nach den Werten i.S.d. § 138 Abs. 2 bis 4 des BewG. § 138 BewG unterscheidet nun aber hinsichtlich der Bewertung, soweit es für die GrESt von Bedeutung ist, die nachstehenden wirtschaftlichen Einheiten (Untereinheiten): das land- und forstwirtschaftliche Vermögen sowie Betriebsgrundstücke i.S.v. § 99 Abs. 1 Nr. 2 BewG (vgl. § 138 Abs. 2 i.V.m. §§ 139 bis 144 BewG), das Grundvermögen (vgl. § 138 Abs. 3 i.V.m. §§ 145 bis 150 BewG), Betriebsgrundstücke i.S.v. § 99 Abs. 1 Nr. 1 BewG (vgl. § 138 Abs. 3 i.V.m. §§ 145 bis 150 BewG). Das BVerfG hat mit Beschluss v. 23.6.2015 entschieden, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 2 GrEStG mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar und damit verfassungswidrig ist. Das BVerfG geht in seinem Beschluss davon aus, dass in den meisten Fällen, in denen die Grunderwerbsteuer nach der Regelbemessungsgrundlage bemessen wird, die Gegenleistung aufgrund von gegenläufigen Interessen der Vertragschließenden regelmäßig dem gemeinen Wert entspricht. Dagegen führt die Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage zu gravierenden Bewertungs- und Belastungsunterschieden, da diese Werte zum Teil erheblich unter den Verkehrswerten liegen. Bei Anwendung der Ersatzbemessungsgrundlage erreichen die Bemessungsgrundlagen im Durchschnitt bei bebauten und unbebauten Grundstücken nur 50 % bzw. 70 % und bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen lediglich 10 % des Verkehrswerts.
Rz. 31
Bringt der Gesetzgeber einen Ersatzmaßstab zur Anwendung, muss dieser Ergebnisse erzielen, die denen der Regelbemessungsgrundlage weitgehend angenähert sind. Weicht der Ersatzmaßstab in seinen Ergebnissen vom Regelmaßstab ab, bedarf dies zur Rechtfertigung eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes. Ein hinreichend gewichtiger Sachgrund wurde nicht festgestellt, so dass diese Ungleichbehandlung mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Diese Unvereinbarkeit ist auf die Regelung über die Ersatzbemessungsgrundlage beschränkt, d.h. die Steuer kann zunächst weiter nach der Regelbemessungsgrundlage des § 8 Abs. 1 GrEStG erhoben werden. Das BVerfG hat die Fortgeltung des § 8 Abs. 2 GrEStG bis zum 31.12.2008 angeordnet. Für die Zeit danach dürfen Gerichte und Verwaltung die Norm im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden. Laufende Verfahren sind auszusetzen. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, bis zum 30.6.2016 eine Neuregelung zu beschließen, welche rückwirkend zum 1.1.2009 anzuwenden ist.