Rz. 31
Erwirbt ein Hinterbliebener mit dem Todesfall Versorgungsansprüche, die aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages mit einem Dritten unmittelbar auf den Berechtigten übergehen, unterliegen diese nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG der Erbschaftsteuer. Es handelt sich um einen Vertrag zu Gunsten Dritter auf den Todesfall, §§ 330, 331 BGB. Dem Grunde nach ist die Verfügung des Erblassers eine Schenkung unter Lebenden, deren Besonderheit darin besteht, dass die Zuwendung erst beim Tod des Schenkers ausgeführt wird. Im Ergebnis ist die Zuwendung damit eine Leistung des Vertragspartners an den Erblasser, die unter Abkürzung des Leistungsweges unmittelbar an einen Dritter erfolgt.
Rz. 32
Für derartige Vermögensvorteile nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG entsteht die Steuer grundsätzlich mit dem Erbfall, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Rz. 33
Bei der Auszahlung von Lebensversicherungen stellt sich häufig das Problem, dass der Versicherer eine mehr oder minder lange Zeit benötigt, um vor der dann tatsächlich erfolgenden Auszahlung der Versicherungssumme die Berechtigung der Ansprüche zu prüfen.
Rz. 34
Beispiel
Der Ehemann (E) der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) verstarb bei einem Unfall. Die Klägerin war Bezugsberechtigte aus mehreren von E abgeschlossenen Lebensversicherungen. Die Versicherung zahlte im Jahre 1995 einen Teil und im Jahre 1996 weitere Versicherungsleistungen aus, nachdem die Prüfung der Leistungspflicht abgeschlossen war. Das FA ging davon aus, dass die ErbSt. für die gesamten Versicherungsleistungen im Jahre 1995 entstanden sei und setzte ErbSt. nach Maßgabe des ErbStG in der vor dem 1.1.96 geltenden Fassung fest. Nach Auffassung des FG war die ErbSt. für die im Februar 1996 gezahlten Versicherungsleistungen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG erst im Jahre 1996 entstanden, da die Fälligkeit der Versicherungsleistungen gem. § 11 Abs. 1 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG) erst in 1996 nach Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles nötigen Erhebungen eingetreten sei.
Rz. 35
Der BFH folgte dem FG. Die Erbschaftsteuer für die in 1996 gezahlten Versicherungsleistungen ist mit Eintritt der Fälligkeit der Ansprüche und damit nach dem "neuen" ErbStG entstanden. Gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen auch der Anspruch des Bezugsberechtigten. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entsteht die Steuer mit dem Tode des Erblassers bzw. hiervon abweichend für aufschiebend bedingte, betagte oder befristete Ansprüche nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a (Alt. 2) ErbStG erst mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses.
Rz. 36
Grundsätzlich gehören Ansprüche aus Lebensversicherungen nicht zu den betagten Ansprüchen. Anderes gilt jedoch dann, wenn sich die Versicherung eine Überprüfung des Versicherungsanspruchs vorbehält. Dann ist der Anspruch der Bezugsberechtigten gegen den Versicherer betagt, weil die Fälligkeit der Versicherungsleistung gem. § 11 Abs. 1 VVG erst mit Beendigung der Erhebungen des Versicherers zur Feststellung des Versicherungsfalls und -umfangs der Leistung eintritt.
Rz. 37
Nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 3 des BewG sind Ansprüche, die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden, ggf. mit ihrem abgezinsten Wert anzusetzen. Im Beispielsfall versagt § 12 Abs. 3 BewG allerdings, weil es an einem bestimmten Zeitpunkt für den Eintritt der Fälligkeit fehlt und damit an der Berechnungsgrundlage für den Ansatz eines niedrigeren Werts als des Nennwerts (§ 12 Abs. 1 BewG).
Rz. 38– 39
Einstweilen frei.