Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 55
Ist nach Ablauf des Erbbaurechtsvertrags ein von dem Erbbauberechtigten errichtetes Gebäude noch nutzbar, wird i.d.R. vertraglich eine angemessene Entschädigung zugunsten des Erbbauberechtigten vereinbart sein. Es sind auch Fälle denkbar, in denen das Gebäude entschädigungslos auf den Eigentümer des belasteten Grundstücks übergeht oder von ihm nur eine teilweise Entschädigung zu leisten ist.
Rz. 56
Geht das von dem Erbbauberechtigten errichtete Gebäude entschädigungslos oder gegen Zahlung einer teilweisen Entschädigung auf den Grundstückseigentümer über, erhält er neben dem Erbbauzins eine zusätzliche Leistung des Erbbauberechtigten, die bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs des Grundstückseigentümers zu berücksichtigen sein dürfte. Dies macht folgender Vergleich deutlich: An einem unbebauten Grundstück wird ein Erbbaurecht über eine Laufzeit von 50 Jahren bestellt. Der Erbbauberechtigte kann auf diesem Grundstück ein Bürogebäude errichten. Bei der ersten Variante vereinbaren die Vertragsparteien die Zahlung eines jährlichen Erbbauzinses von 50 000 EUR. Das nach Ablauf des Erbbaurechtsvertrags vorhandene Bürogebäude geht auf den Grundstückseigentümer über; dieser hat dafür eine Entschädigung i.H. des aktuellen Verkehrswerts zu zahlen. Bei der zweiten Variante wird der Erbbauzins auf 40 000 EUR pro Jahr ermäßigt; das nach Ablauf des Erbbaurechtsvertrags vorhandene Bürogebäude geht hier entschädigungslos auf den Grundstückseigentümer über.
In beiden Fällen müsste das erbbaurechtsbelastete Grundstück und auch das Erbbaurecht denselben Wert aufweisen, wenn der entschädigungslose Übergang des Bürogebäudes bei Ablauf des Erbbaurechtsvertrags der Minderung der jährlichen Erbbauzinsen um 10 000 EUR entspricht.
Rz. 57
Nach der Berechnungsmethode der Finanzverwaltung müsste der Anspruch auf entschädigungslosen oder teilweise entschädigungslosen Übergang des nach Ablauf der Erbbaurechtsvertrags vorhandenen Gebäudes wie eine Einmalzahlung bei Ablauf des Erbbaurechtsvertrags mit in die Berechnung der durchschnittlichen Erbbauzinsen einbezogen werden. Dabei dürfte der Anspruch auf entschädigungslosen oder teilweise entschädigungslosen Übergang des Gebäudes mit dem Verkehrswert des Gebäudes im Zeitpunkt des Ablaufs des Erbbaurechtsvertrags anzusetzen sein; eine Abzinsung dieses Werts ist wie bei Einmalzahlungen, die nach dem Besteuerungszeitpunkt geleistet werden, nicht vorzunehmen. Zusammen mit den nach dem Besteuerungszeitpunkt zu leistenden Erbbauzinsen ist der Gesamtbetrag auf die Restlaufzeit des Erbbaurechts zu verteilen; das Ergebnis stellt den durchschnittlichen Erbbauzins im Besteuerungszeitpunkt dar.
Die Finanzverwaltung vertritt zum entschädigungslosen Übergang eines Gebäudes nach Ablauf des Erbbaurechtsvertrags eine hiervon abweichende, für die Steuerpflichtigen günstigere Regelung, soweit es den Grundstückswert für das erbbaurechtsbelastete Grundstück angeht. Im Erlass des FinMin. Baden-Württemberg v. 27.11.1998 wird hierzu Folgendes ausgeführt:
„Es ist gefragt worden, wie ein erbbaurechtsbelastetes Grundstück zu bewerten ist, wenn vereinbart ist, dass ein vom Erbbauberechtigten errichtetes Gebäude entschädigungslos oder gegen Zahlung einer teilweisen Entschädigung auf den Grundstückseigentümer übergehen soll.
Mit der Bewertung des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks mit dem 18,6fachen des jährlichen Erbbauzinses sind auch der Anspruch auf entschädigungslosen bzw. teilweise entschädigungslosen Übergang des Gebäudes erfasst. Im allgemeinen dürfte sich der Umstand, ob eine oder keine Entschädigung für den Übergang des Gebäudes zu zahlen ist, in der Bemessung des Erbbauzinses niedergeschlagen haben. Daher ist dieser Umstand bei der Bewertung des belasteten Grundstücks nicht gesondert zu berücksichtigen.”
Die Finanzverwaltung will somit den entschädigungslosen oder teilweise entschädigungslosen Übergang des Gebäudes nach Ablauf des Erbbaurechtsvertrags nicht bei der Bewertung des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks berücksichtigen. Dem stehen die Ausführungen im zweiten Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages (vgl. Anm. 8) entgegen, der zum Heimfall ausführt: "Typisierend wird angenommen, dass beim Heimfall eine entsprechende Vergütung entrichtet wird." Die Konzeption des § 148 Abs. 1 BewG (bis 2006) geht also von dem Grundfall aus, dass nach Ablauf des Erbbaurechtsvertrags für das vorhandene Gebäude eine Entschädigung gezahlt wird. Ist dies nicht der Fall, so muss dieser Umstand bei der Bewertung des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks, entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, berücksichtigt werden. Mag man das Ergebnis aus der Sicht des Grundstückseigentümers noch akzeptieren, weil es bei ihm zu einem niedrigeren Grundstückswert führt, wirkt es sich bei dem Erbbauberechtigten werterhöhend aus, da er die Differenz zwischen dem Gesamtwert abzüglich der kapitalisierten Erbbauzinsen als Grundstückswert besteuern muss.
Führt man die Grundstücks...