Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 42
An dieser Stelle sei – entgegen immer wieder vorgetragener Behauptungen – darauf hingewiesen, dass eine wertabhängige Bemessungsgrundlage kein Indiz für ein hohes oder niedriges Steuerniveau spricht. Dies zeigt die vom Gesetzgeber realisierte Kombination zwischen der Erhöhung der Bemessungsgrundlage und der gleichzeitig realisierten Herabsetzung der Steuermesszahl. Sofern der maßgebende Grundsteuerwert das Zehnfache des Einheitswerts betragen würde, kompensiert der Gesetzgeber dies durch Herabsetzung der Steuermesszahl auf rund 10 %. Somit bleibt – jedenfalls im Bundesdurchschnitt – das Grundsteuermessbetragsvolumen konstant. Aus diesem Grund können die Hebesätze – im Bundesdurchschnitt – unverändert übernommen werden, ohne dass eine Aufkommensveränderung eintritt.
Rz. 43
Allerdings gilt dies nur bei einer durchschnittlichen Betrachtung auf Bundesebene und unter Berücksichtigung der mathematischen Unwägbarkeiten, die darauf beruhen, dass die Steuermesszahlen von 0,31 bzw. von 0,34 Promille mithilfe einer Schätzung der sich künftig ergebenden Summe aller Grundsteuermessbeträge prognostiziert werden mussten. Zudem variiert in den jeweiligen Kommunen das sich aus den einzelnen Grundstücksarten ergebende Grundsteuermessbetragsvolumen zum Teil erheblich. Beispielsweise sind einzelne Kommunen stark gewerblich geprägt, wohingegen andere Kommunen über mehr Wohngebäude verfügen. Ebenso ist es denkbar, dass einige Kommunen einen überwiegend alten Gebäudebestand aufweisen wohingegen andere Kommunen überwiegend über Gebäude neueren Baujahrs verfügen.
Rz. 44
Da der Übergang zwischen der Einheitsbewertung und der neuen Grundsteuerwertermittlung die Beseitigung der verfassungsrechtlich beanstandeten Wertverzerrungen zum Ziel hat, führen die Steuermessbeträge, die auf die unterschiedlichen Teilsummen der Grundstücksarten entfallen, zwangsläufig dazu, dass bei Abweichungen von den bundesdurchschnittlichen Annahmen Hebesatzanpassungen auf kommunaler Ebene erforderlich sein werden, wenn innerhalb der Kommune die Aufkommensneutralität realisiert werden soll. Die tatsächliche Realisierung der Aufkommensneutralität hängt dabei nicht von der grundsätzlichen Wahl der Bemessungsgrundlage ab. Denn die Ermittlung des Hebesatzes, der in der Kommune zu einer Aufkommensneutralität führt, kann auf leichte Weise durch einen Vergleich der Summe der bisherigen Grundsteuermessbeträge mit der Summe der sich zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 ergebenden Grundsteuermessbeträge ermittelt werden.
Rz. 45
Dennoch bleibt das verfassungsrechtlich garantierte Hebesatzrecht der Kommunen unverändert. Das bedeutet, eine Kommune muss die bei der Neuregelung der Bemessungsgrundlagen angestrebte Aufkommensneutralität nicht zwingend auf regionaler Ebene umsetzen. Allerdings ist zu beobachten, dass in den einzelnen Ländern zum Teil öffentlichkeitswirksam die Bekanntgabe der Hebesätze beabsichtigt ist, die zu einer Aufkommenszentralität führen. Auf diese Weise wird transparent, ob und inwieweit sich eine Kommune – unabhängig von der Grundsteuerreform – beim Beschluss des Hebesatzes verhält.
Rz. 46
Der Gesetzgeber hat den Rückgriff auf die sogenannte Listenmiete zwar mit der damit einhergehenden erheblichen Vereinfachung begründet. Zudem dürfte der Rahmen der dem Gesetzgeber grundsätzlich zustehenden Typisierungsbefugnis insb. bei der Grundsteuer besonders groß sein. M.E. hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen der Typisierung insoweit nicht überschritten, weil die absolute Höhe der Grundsteuer überschaubar ist. Dennoch kann nicht sicher prognostiziert werden, ob diese Annahme bei einer verfassungsrechtlichen Überprüfung bestätigt wird.
Rz. 47– 48
Einstweilen frei.