Rz. 120
Ist ein Industriegrundstück zu bewerten, ist der Bodenrichtwert für Industrieland anzusetzen. Für diesen Bodenrichtwert kommt es nicht, wie bei Wohngrundstücken, auf eine Unterteilung in Vorder- und Hinterland an. Allerdings kann der Bodenrichtwert mit zunehmender Grundstücksgröße degressiv verlaufen. Hierzu müssten die Bodenrichtwertkarten der Gutachterausschüsse entsprechende Vorgaben enthalten.
Rz. 121
Bei der Bewertung von Bauerwartungsland sind ebenfalls Sonderregelungen zu beachten. Dies ergibt sich für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2007 aus R 160 Abs. 2 Sätze 1 bis 5 ErbStR 2003. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass der BFH demgegenüber mit Urteil vom 26.4.2006 entschieden hatte, dass die Finanzämter nicht berechtigt sind, die für die Bedarfsbewertung von Rohbauland maßgebenden Bodenrichtwerte aus den von den Gutachterausschüssen für erschließungsbeitragsfreies Bauland mitgeteilten Bodenrichtwerte abzuleiten. Damit wich der BFH von der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung ab. Die sich daraus ergebende Besteuerungslücke sollte mit der Neufassung des § 145 Abs. 3 Satz 4 BewG i.d.F. des JStG 2007 geschlossen werden. Danach war es zulässig, für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2006 in den Fällen, in denen für den Gutachterausschuss keine Verpflichtung zur Ermittlung eines Bodenrichtwerts bestand, den Bodenwert aus den Bodenrichtwerten vergleichbarer Flächen abzuleiten. Allerdings ergab sich aus der Formulierung des § 145 Abs. 3 BewG i.d.F. des JStG 2007 weiterhin eine Besteuerungslücke, die mit dem BeitrRLUmsG geschlossen worden ist(vgl. hierzu Anm. 3 und 4 sowie Anm. 61–65). Das bedeutet, dass die in Tz. 39 der gl. lt. Erlasse vom 2.4.2007 übernommene Richtlinienregelung weiterhin von der Finanzverwaltung angewandt wird, soweit die Gutachterausschüsse zwischenzeitlich nicht auch für derartige Flächen eigene Bodenrichtwerte ermitteln.
Rz. 122
Bei Bauerwartungsland handelt es sich um Flächen, die nach ihrer Eigenschaft, sonstigen Beschaffenheit und Lage eine bauliche Nutzung in absehbarer Zeit tatsächlich erwarten lassen. Diese Erwartung kann sich insbesondere auf eine entsprechende Darstellung der Flächen im Flächennutzungsplan, auf ein entsprechendes Verhalten der Gemeinde oder auf die allgemeine städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets gründen. In der Bodenrichtwertkarte können für das Bauerwartungsland gesonderte Bodenrichtwerte vorgegeben sein. Ist dies nicht der Fall, so ist der Wert für Bauerwartungsland aus dem Bodenwert für erschließungsbeitragsfreies Bauland abzuleiten. Nach Tz. 39 Abs. 2 Satz 4 der gleich lautenden Erlasse v. 2.4.2007 sind Flächen, die in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden und daher nach § 69 BewG als Grundvermögen anzusehen sind, regelmäßig mit 25 % des Bodenrichtwerts für erschließungsbeitragsfreies vergleichbares Bauland zu bewerten.
Rz. 123
Bei der Frage, was unter absehbarer Zeit zu verstehen ist, verweist Tz. 39 Abs. 2 Satz 4 der gleich lautenden Erlasse v. 2.4.2007 auf Abschn. 2 Abs. 7 BewRGr, so dass unter dem Begriff "absehbare Zeit" ein Zeitraum von sechs Jahren zu verstehen ist.
Rz. 124
Mit BFH-Urteil vom 9.4.2008 wurde entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine Fläche bei der Einräumung eines Nutzungsrechts zum Abbau eines bergfreien Bodenschatzes noch dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zuzurechnen ist. Überlässt der Inhaber eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft einem Bergbauunternehmer durch Einräumung eines Nutzungsrechts Teile des Grund und Bodens zum Abbau des darin befindlichen bergfreien Bodenschatzes und hat der Unternehmer das Grundstück nach erfolgtem Abbau in rekultiviertem Zustand zur Fortsetzung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zurückzugeben, ist das Grundstück bei einem zwischenzeitlichen Übergang im Wege eines Erwerbs von Todes wegen oder einer Schenkung nicht als unbebautes Grundstück zu bewerten. Es ist vielmehr Teil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens geblieben.
Rz. 125
Bei dem o.g. Prozentsatz von 25 % handelt es sich um einen allgemeinen Erfahrungswert, von dem m.E. im Einzelfall abgewichen werden kann. Insbesondere bei der Bewertung unbebauter Grundstücke im Beitrittsgebiet können auch geringere Prozentsätze in Betracht kommen Simon/Kleiber weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Höhe des Werts für Bauerwartungsland davon abhängt, wie die Chancen für eine Bebauung beurteilt werden. Die Preise schwanken zwischen 15 % und 70 % der Preise für baureifes Land. Die Finanzverwaltung hat sich somit bei der Festlegung des Prozentsatzes in Höhe von 25 % zugunsten des Steuerpflichtigen an dem unteren Ende der Preisspanne orientiert.
Rz. 126
Von dem Bauerwartungsland ist das Rohbauland zu unterscheiden. Bei dem Rohbauland handelt es sich um Flächen, die nach §§ 30, 33 und 34 BauGB für eine bauliche N...