Gewos: Umsatz mit Wohnbauland bricht um 34 Prozent ein

Der Handel mit Bauland ist laut einer Studie des Gewos-Instituts im Jahr 2023 deutlich zurückgegangen – bundesweit wurden rund 34 Prozent weniger Kauffälle registriert als 2022. Das sei ein fatales Signal im Kampf gegen den Wohnungsmangel, so die Forscher.

In Deutschland gab es im vergangenen Jahr so wenige Käufe von Bauland wie mindestens seit 1995 nicht mehr, heißt es in der aktuellen Immobilienmarktanalyse IMA des Hamburger Gewos-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung. Die Autoren sehen das als fatales Signal im Kampf gegen den Wohnungsmangel gerade in Städten.

Die Zahl der Transaktionen von baureifem Wohnbauland habe 2023 einen historischen Tiefstand erreicht, ebenso wie der damit verbundene Flächenumsatz, heißt es in der Studie, die auf tatsächlichen Transaktionen beruht.

Wohnbauland: Umsatz seit 2021 etwa halbiert

Im Jahr 2023 wurden bundesweit rund 46.700 Kauffälle von baureifem Wohnbauland registriert, das sind 34,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Flächenumsatz ist um um 39,5 Prozent auf rund 4.400 Hektar eingebrochen und der Geldumsatz um 45,2 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro.

"Sowohl die Transaktionszahl als auch der Flächenumsatz 2023 markierten Tiefststände seit Beginn der gesamtdeutschen Zeitreihe der Untersuchung im Jahr 1995", sagte Sebastian Wunsch, Bereichsleiter Immobilienwirtschaftliche Analysen bei Gewos. Im Vergleich mit der zweiten Hälfte der 2000er Jahre und der zweiten Hälfte der 1980er Jahre, den Phasen mit der bislang schwächsten Bautätigkeit in Deutschland, fiel der Flächenumsatz mit Wohnbauland im vergangenen Jahr im Schnitt rund 40 Prozent bis 50 Prozent niedriger aus, wie bereits im Herbst 2023 von Gewos prognostiziert.

Gemessen am Peak 2021 während des Immobilienbooms sind die Rückgänge noch größer: Die Verkäufe von Wohnbauland haben sich mehr als halbiert (minus 54 Prozent), der Flächensatz nahm um 57,8 Prozent ab, der Geldumsatz um 60,2 Prozent ab, wie es in der Analyse heißt. Die heute nicht verkauften Flächen seien die nicht erteilten Genehmigungen von morgen und die nicht gebauten Wohnungen von übermorgen" warnte Wunsch. Mit Nachverdichtung und Aufstockung allein werde man die Bedarfslücke nicht schließen.

Baulandverkäufe: Frühindikator für den Neubau

"Während sich der Rückgang der Baugenehmigungen in diesem und den kommenden Jahren in sinkenden Fertigstellungszahlen niederschlagen dürfte, deuten die geringen Verkaufszahlen von baureifem Wohnbauland und werdendem Bauland auf eine längerfristig niedrige Neubautätigkeit in Deutschland hin", so Wunsch weiter. Deutlich sinkende Zahlen gebe es zudem bei werdendem Bauland, also den perspektivisch zum Wohnungsbau nutzbaren Flächen.

2023 wurden laut Statistischem Bundesamt 294.400 Wohnungen fertiggestellt – etwas weniger als im Vorjahr (295.300), aber deutlich mehr als von Ökonomen und der Immobilienbranche zunächst befürchtet. Die schwache Baukonjunktur und der Rückgang der Baugenehmigungen dürften sich erst zeitverzögert bei den Fertigungszahlen auswirken.

Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag ursprünglich 400.000 neue Wohnungen jährlich angepeilt. Doch neben komplizierten Vorgaben belasten insbesondere die rasant gestiegenen Baukosten und Zinsen den Wohnungsbau.

Baureife Grundstücke bleiben liegen

In den sieben bevölkerungsreichsten deutschen Städten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf war das Transaktionsgeschehen im Bereich Wohnbauland bereits vor 2022 stark rückläufig, wie das Institut berichtete. Im Jahr 2023 wurden in den "Top 7"-Metropolen in Summe rund 1.200 Kauffälle von baureifem Wohnbauland registriert – das sind 26,7 Prozent weniger als im Vorjahr und 50,9 Prozent weniger als im Jahr 2021.

Der Flächenumsatz verringerte sich laut Gewos im vergangenen Jahr um 27,6 Prozent auf rund 100 Hektar und 52,8 Prozent gegenüber dem Boomjahr 2021. Der Geldumsatz lag mit rund 1,4 Milliarden Euro 54 Prozent unter dem Vorjahreswert und 67,1 Prozent unter dem Wert aus dem Jahr 2021.

In den Umlandkreisen der "Top 7" war die Marktentwicklung in der jüngeren Vergangenheit etwas positiver ausgefallen als in den Kernstädten. Im Jahr 2023 verstärkte sich der Abwärtstrend auch hier erheblich: Während die Kauffälle um 35,6 Prozent (auf 5.600 Transaktionen) und der Flächenumsatz um 46,6 Prozent (auf 500 Hektar)  zurückgingen, sank der Geldumsatz den Analysten zufolge um 45,6 Prozent auf rund 1,8 Milliarden Euro. Verglichen mit 2021 fielen die Kauffälle um 55,9 Prozent niedriger aus, Flächenumsatz und Geldumsatz verringerten sich jeweils um 63 Prozent.

Verkäufe von werdendem Bauland stark rückläufig

Nicht nur der Handel mit baureifen Flächen ist in den vergangenen beiden Jahren eingebrochen, auch bei werdendem Bauland – also perspektivisch für den Wohnungsbau nutzbare Flächen – stellten die Forscher einen erheblichen Rückgang fest. So wurden im Jahr 2023 bundesweit rund 6.000 Kauffälle von werdendem Bauland registriert, das sind 23,7 Prozent weniger als im Jahr 2022 und 37,5 Prozent weniger als 2021.

Der Flächenumsatz fiel im vergangenen Jahr mit 2.600 Hektar um 30,4 Prozent niedriger aus als im Jahr zuvor und um 46,1 Prozent niedriger als 2021. Der Geldumsatz mit werdendem Bauland belief sich im Jahr 2023 auf rund 900 Millionen Euro. Das ist ein Minus von 41,7 Prozent gegenüber 2022 (Vergleich mit 2021: minus 62,3 Prozent).

Anders als beim baureifen Wohnbauland ist bei werdendem Bauland eine sofortige Bebauung nicht möglich. Unter dem Begriff werden Rohbauland und Bauerwartungsland zusammengefasst. Rohbauland ist zwar bereits als Bauland ausgewiesen, es ist aber noch nicht erschlossen und eine Bebauung nicht möglich. Bei Bauerwartungsland handelt es sich um Flächen, für die nach dem Stand der Bauleitplanung und der städtebaulichen Entwicklung eine bauliche Nutzung zu erwarten ist, die zukünftige Bebaubarkeit ist jedoch nicht garantiert. Auch das Bauerwartungsland ist nicht erschlossen. In der Regel gibt es Preisabschläge für Rohbauland und Bauerwartungsland.

Immobilienmarktanalyse IMA

Gewos erfasst mit der Immobilienmarktanalyse IMA jährlich für alle kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland die abgeschlossenen Grundstückskaufverträge und die damit verbundenen Geldumsätze. In die aktuelle Analyse sind rund 660.000 Eigentümerwechsel aus dem Jahr 2023 eingeflossen. Ergänzend zur Analyse des Transaktionsgeschehens des abgelaufenen Jahres, beinhaltet die IMA Prognosen für das laufende und das kommende Jahr – jeweils in kleinräumiger Gliederung und differenziert nach sektoralen Teilmärkten.


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dpa

Schlagworte zum Thema:  Immobilienmarkt, Wohnimmobilien, Transaktion