Immobilien verlieren mindestens bis Mitte 2024 noch an Wert
Die Zahl der Immobilientransaktionen in Deutschland ging im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr um 16 Prozent auf 866.000 zurück. Das zeigen Daten des wichtigen Arbeitskreises der Oberen Gutachterausschüsse, Zentralen Geschäftsstellen und Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland (AK OGA), die alle zwei Jahre auf Basis von Kaufverträgen eine Bestandsaufnahme des Markts vorlegen. Demnach wurden so wenig Kaufverträge für Immobilien und Grundstücke abgeschlossen wie noch nie seit der ersten Veröffentlichung des Berichts im Jahr 2009.
Zum Vergleich: 2021 wurden noch rund eine Million Transaktionen gezählt. Auch der Geldumsatz hat sich deutlich verringert. Insgesamt setzten die Akteure im Jahr 2022 mit dem Verkauf von Immobilien 301,1 Milliarden Euro um – das sind ebenfalls 16 Prozent weniger als im Vorjahr mit 356,7 Milliarden Euro.
Ladenhüter: Baugrundstücke und neue Eigentumswohnungen
Sortiert nach Teilmärkten zeigt sich, dass etwa ein Drittel weniger Baugrundstücke verkauft worden sind: Bei Ein- und Zweifamilienhäusern reduzierte sich die Zahl von 93.700 auf 63.300 – das ist ein Minus von 32 Prozent. Die Zahl der verkauften Grundstücke für Mehrfamilienhäuser sank von 5.100 auf 3.700 (minus 27 Prozent). Besonders deutlich war laut der Gutachter-Gilde der Rückgang beim Verkauf von neuen Eigentumswohnungen im Erstbezug: Die Zahl fiel besonders deutlich um 43 Prozent von 68.300 auf 38.700.
Nicht ganz so dramatisch fielen die Rückgänge bei den Transaktionszahlen von 2021 auf 2022 bei den gebrauchten Immobilien aus: Die Zahl der verkauften Ein- und Zweifamilienhäuser verringerte sich von 172.300 auf 156.700, was einem Minus von neun Prozent entspricht, wie die amtlichen Gutachter schreiben. Die Zahl der bestehenden Reihenhäuser und Doppelhaushälften ging um zwölf Prozent von 95.500 auf 84.200 zurück – und 207.500 gebrauchte Eigentumswohnungen wurden verkauft, nach 234.100 im Vorjahr (minus elf Prozent).
Große Preisspannen beim Bauland
Auf allen Teilmärkten variieren die Preise weiterhin stark. Für Bauland zahlten Käufer den Daten zufolge im Jahr 2022 in München im Schnitt 2.400 Euro pro Quadratmeter: Ein 600 Quadratmeter großes Baugrundstück für ein Eigenheim kostete damit rund 1,4 Millionen Euro. Im Landkreis Hildburghausen (Thüringen) betrug der Preis pro Quadratmeter dagegen nur 20 Euro, im Landkreis Mittelsachsen (Sachsen) 21 Euro. Ein 600 Quadratmeter großes Grundstück kostete hier also durchschnittlich rund 12.000 Euro. Im Bundesdurchschnitt lag der Quadratmeterpreis für Baugrundstücke den Angaben nach im Jahr 2022 bei 200 Euro.
Während die Preise im Umland der Metropolen in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen sind, verharrten sie in vielen peripheren Landkreisen auf niedrigem Niveau: Käufer zahlten den Experten zufolge hier zuletzt weniger als 50 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche – etwa in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, aber auch in Nordhessen, Nordbayern und der Pfalz, so die Gutachter.
Wohnimmobilien: Verunsicherung unter Investoren
"Anfang 2022 setzte vor allem auf dem Wohnimmobilienmarkt eine spürbare Dämpfung der bisherigen nahezu kontinuierlichen Preissteigerungen ein", sagte Andreas Teuber, Vorsitzender des AK OGA, bei Vorstellung des Marktberichts am 19. Dezember. Messbare Preisrückgänge habe es etwa ab Mitte 2022 gegeben. Den markanten Rückgang der Deals und die nachlassende Kaufbereitschaft insbesondere im Neubausegment führt Teuber maßgeblich auf die Zinsentwicklung und die schwierigere Finanzierbarkeit zurück.
"Der 2022 begonnene sprunghafte Anstieg der Zinsen hat sich in 2023 fortgesetzt und ist Ausdruck veränderter Marktbedingungen", ergänzte Peter Ache, Redaktionsleiter und Co-Autor des Berichts. Die Verunsicherung privater und institutioneller Investoren habe im Hinblick auf künftige Entwicklungen zugenommen. Sie agierten zurückhaltend. Das zeigten auch die im ersten Halbjahr 2023 in den Großstädten abgeschlossenen Kaufverträge. Ache geht deshalb von stagnierenden bis weiter sinkenden Preisen aus und rechnet auch für das erste Halbjahr 2024 mit sehr niedrigen Verkaufszahlen für Wohnimmobilien.
Angebotsmieten für Wohnungen steigen weiter
Während die Preise für Wohnimmobilien fallen, sind dem BBSR zufolge die Angebotsmieten bei Wiedervermietung im ersten Halbjahr 2023 im Bundesdurchschnitt um 7,6 Prozent gestiegen – auf 10,21 Euro pro Quadratmeter nettokalt. In den kreisfreien Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern legten sie um elf Prozent auf 13,30 Euro pro Quadratmeter nettokalt zu.
"Das anhaltende Bevölkerungswachstum in den Städten sorgt dafür, dass die Nachfrage nach Mietwohnungen ungebrochen ist", sagte BBSR-Wohnungsmarktexperte Matthias Waltersbacher. Zudem handelten immer mehr Haushalte angesichts der schwieriger gewordenen Immobilienfinanzierung nach der Devise: Mieten statt kaufen, auch wenn die Mieten teurer werden.
"Änderungen im Mietrecht wie die Verlängerung der Mietpreisbremse und die Absenkung der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen können den Anstieg verlangsamen", so Waltersbacher weiter. Entscheidende Hebel seien eine deutliche Ausweitung des Wohnungsneubaus, die bessere Nutzung des bestehenden Wohnraums sowie Ausbau oder Umbau. Auch verbesserte Möglichkeiten für den Umzug in eine kleinere Wohnung (Wohnungstausch), die Umnutzung von gewerblichen Immobilien oder die Wiedernutzung von Wohnungsleerstand könnten helfen.
Hintergrund Immobilienmarktbericht
Der Arbeitskreis der Oberen Gutachterausschüsse, Zentralen Geschäftsstellen und Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland (AK OGA) gibt den Immobilienmarktbericht alle zwei Jahre mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) heraus. Die Analysen basieren auf Kaufverträgen, die den Ausschüssen durch Notare oder sonstige beurkundende Stellen zur Verfügung gestellt werden. Daraus werden die Daten abgeleitet.
Immobilienmarktbericht Deutschland 2023 (Download)
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