Rz. 4
Wie die Bestimmung des Begriffs "unbebautes Grundstück" in § 72 BewG an das Nichtvorhandensein benutzbarer Gebäude anknüpft, so liegt umgekehrt ein "bebautes Grundstück" nach § 74 BewG vor, wenn sich auf der wirtschaftlichen Einheit Grundstück ein benutzbares Gebäude befindet. Der Gebäudebegriff wird in Abschn. 1 Abs. 2 BewRGr erläutert. Ein Bauwerk ist dann als Gebäude i.S.d. § 74 BewG anzusehen, wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Aufenthalt von Menschen gestattet, fest mit dem Grund und Boden verbunden, von einiger Beständig keit und ausreichend standfest ist (zu Einzelheiten zum Gebäudebegriff siehe Erläuterungen bei § 68 BewG Rz. 39 ff. und zur Frage der Benutzbarkeit eines Gebäudes siehe Erläuterungen zu § 72 BewG Rz. 9).
Rz. 5
Grundstücke, auf denen nur Bauwerke errichtet sind, die als Betriebsvorrichtungen anzusehen sind (s. § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG, Anm. 23 ff.), gelten nicht als bebaute Grundstücke, sondern als unbebaute Grundstücke.
Rz. 6
Auch die Bebauung eines Grundstücks mit einem Gebäude, dessen Zweckbestimmung und Wert gegenüber der Zweckbestimmung und dem Wert des Grundes und Bodens von untergeordneter Bedeutung ist, führt nicht dazu, dass es sich um ein bebautes Grundstück handelt. Es bleibt vielmehr bei der Einordnung als unbebautes Grundstück (§ 72 Abs. 2 Anm. 61 BewG). Ein bebautes Grundstück fällt in die Kategorie der unbebauten Grundstücke zurück, wenn im Hinblick auf die auf ihm befindlichen Gebäude in Folge der Zerstörung oder des Verfalls dauerhaft benutzbarer Raum nicht mehr vorhanden ist (§ 72 Abs. 3 Anm. 71 BewG).
Rz. 7
Ein Gebäude ist erst dann i.S.d. §§ 72 und 74 BewG als benutzbar (bezugsfertig) anzusehen, wenn das ganze Gebäude benutzbar ist. Die Fertigstellung einzelner Wohnungen oder Räume reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. auch § 72 BewG Rz. 15). Ein Grundstück kann deshalb erst auf den Stichtag als ein bebautes Grundstück bewertet werden, zu dem das auf ihm erstellte Gebäude in seiner Gesamtheit benutzbar ist. Insofern ist § 74 BewG Ausfluß des allgemeinen Rechtsgedankens, dass eine Änderung der Grundstücksart bewertungsrechtlich nicht anzunehmen ist, solange eine einheitliche Baumaßnahme nicht abgeschlossen ist. Anders ist die Rechtslage jedoch dann, wenn die Baumaßnahme nicht einheitlich durchgeführt wird und es sich deshalb um eine Errichtung in Bauabschnitten handelt (siehe unter C.).
Rz. 8
Die Benutzbarkeit eines Gebäudes kann wegfallen, wenn das Gebäude wegen aufgestauter Reparaturmaßnahmen vorübergehend unbenutzbar geworden ist.