Rz. 16
Da die verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Festsetzung der Steuermessbeträge mit den entsprechenden Vorschriften über die Feststellung von Grundsteuerwerten korrespondieren müssen, sieht § 18 GrStG entsprechende Nachveranlagungen vor. Eine Nachveranlagung nach § 18 GrStG setzt stets eine Nachfeststellung des Grundsteuerwerts nach § 223 BewG voraus.
Rz. 17
Der Grundsteuermessbetrag wird gemäß § 18 Abs. 1 GrStG nachträglich festgesetzt, wenn eine Nachfeststellung i.S.d. § 223 Abs. 1 BewG durchgeführt worden ist, also der Grundsteuermessbetrag für den nachträglich festgestellten Grundsteuerwert nachträglich festzusetzen ist. Diese Festsetzung wird als Nachveranlagung bezeichnet. Sie setzt voraus, dass bisher kein Grundsteuermessbetrag für die wirtschaftliche Einheit festgesetzt worden ist.
Rz. 18
§ 223 BewG regelt, wann ein Grundsteuerwert nachträglich festgestellt wird, also eine Nachfeststellung durchzuführen ist. Danach wird für eine wirtschaftliche Einheit der Grundsteuerwert nachträglich festgestellt, wenn
- erst nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt die wirtschaftliche Einheit neu entsteht (§ 223 Abs. 1 Nr. 1 BewG, z.B. durch Abtrennung eines Grundstücks von einem bestehenden Grundstück) oder
- eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit erstmals zur Grundsteuer herangezogen werden soll (§ 223 Abs. 1 Nr. 2 BewG, z.B. weil die bisherige Grundsteuerbefreiung entfallen ist).
Rz. 19
Die Nachfeststellung ist somit die nachträgliche Feststellung von Grundsteuerwerten auf einen späteren Zeitpunkt als den Hauptfeststellungszeitpunkt und gleichzeitig auch die erstmalige Feststellung des Grundsteuerwerts. Sie wird erforderlich, wenn eine wirtschaftliche Einheit nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt neu entsteht oder die Steuerpflicht für die wirtschaftliche Einheit erstmals eintritt.
Rz. 20
Wirtschaftliche Einheiten entstehen beispielsweise neu, wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt aus einem Baugelände einzelne Bauparzellen abgetrennt und veräußert werden. Jede Bauparzelle bildet grds. eine wirtschaftliche Einheit, für die eine Nachfeststellung durchzuführen ist. In der Praxis tritt auch häufig der Fall auf, dass bei einem bestehenden Mehrfamilienhaus eine Umwandlung der Wohnungen in Wohnungseigentume vorgenommen wird. Werden Wohnungs- oder Teileigentume nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt neu begründet, ist für die neu entstandenen wirtschaftlichen Einheiten jeweils eine Nachfeststellung i.S.d. § 223 Abs. 1 Nr. 1 BewG durchzuführen.
Rz. 21
Beispiel:
Von einem größeren bebauten Grundstück wird zum 20.12.2025 eine Bauparzelle abgeteilt.
Für die abgeteilte und damit neu entstandene wirtschaftliche Einheit (Bauparzelle) ist auf den 1.1.2026 eine Nachfeststellung nach § 223 Abs. 1 Nr. 1 BewG durchzuführen. In der Folge erfolgt auch eine Nachveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach § 18 Abs. 1 GrStG auf den 1.1.2026.
Rz. 22
Die Steuerpflicht tritt erstmalig für eine wirtschaftliche Einheit ein, wenn die wirtschaftliche Einheit zum letzten Hauptfeststellungszeitpunkt bereits bestand, aber damals vollständig von der Grundsteuer befreit war. In diesem Fall bestand kein Anlass, für die wirtschaftliche Einheit einen Grundsteuerwert festzustellen. Entfällt der Grund für die Steuerbefreiung und soll die wirtschaftliche Einheit erstmals ganz oder teilweise zur Grundsteuer herangezogen werden, so ist für diese wirtschaftliche Einheit nachträglich der Grundsteuerwert im Rahmen einer Nachfeststellung festzustellen.
Rz. 23
Beispiel:
Für ein Polizeigebäude, dessen Eigentümer das Land NRW ist, wurde bisher kein Grundsteuerwert festgestellt, weil das Grundstück von der Grundsteuer befreit war und somit der Wert nicht für die Besteuerung von Bedeutung war (§ 219 Abs. 3 BewG). Das Gebäude wird bis März 2026 noch als Polizeigebäude genutzt, anschließend steht der Polizei ein neues Gebäude zur Verfügung. Aus diesem Grund wird das bisherige Polizeigebäude zu einem Geschäftshaus (Geschäftsgrundstück) umgebaut.
Für das Grundstück ist aufgrund der Umnutzung auf den 1.1.2027 und dem damit verbundenen Wegfall der Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG eine Nachfeststellung nach § 223 Abs. 1 Nr. 2 BewG durchzuführen. In der Folge erfolgt auch eine Nachveranlagung des Grundsteuermessbetrags nach § 18 Abs. 2 GrStG auf den 1.1.2027.
Rz. 24
Bei einer Nachfeststellung wird die Feststellung über den Wert, die Art und die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit erstmals durchgeführt. Dabei ist die Nachfeststellung nicht von einer Wertgrenze abhängig (im Gegensatz zu einer Wertfortschreibung). Sofern aber bereits ein Grundsteuerwert – auch wenn nur für einen Teil der wirtschaftlichen Einheit – festgestellt wurde, kann dieser nur noch fortgeschrieben werden (z.B. im Rahmen einer Wertfortschreibung nach § 222 Abs. 1 BewG oder einer Artfortschreibung nach § 222 Abs. 2 BewG); eine Nachfeststellung ist in diesen Fällen nicht mehr möglich...