Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 4
§ 185 Abs. 1 BewG regelt, wie der Gebäudeertragswert grundsätzlich zu ermitteln ist. Dabei wird festgelegt, dass zunächst vom Reinertrag des Grundstücks auszugehen ist. Somit bildet der Reinertrag des Grundstücks die erste Stufe der Wertermittlung. Der Reinertrag ergibt sich, indem vom Rohertrag des Grundstücks die Bewirtschaftungskosten abgezogen werden.
Rz. 5
Die Berechnung des Rohertrags des Grundstücks richtet sich nach § 186 BewG. Der Umfang der zu berücksichtigenden Bewirtschaftungskosten ergibt sich aus § 187 BewG. Im Ergebnis kann der Gebäudeertragswert erst ermittelt werden, wenn in einer Vorermittlung sowohl der Rohertrag des Grundstücks als auch die Bewirtschaftungskosten bestimmt worden sind (vgl. hierzu die Erläuterungen zu §§ 186 und 187 BewG).
Rz. 6
Einstweilen frei.
I. Gebäudereinertrag (§ 185 Abs. 2 BewG)
Rz. 7
Bei der Wertermittlung des Gebäudeertragswerts im Ertragswertverfahren darf nur der auf das Gebäude entfallende Reinertrag kapitalisiert werden, weil der Bodenwert neben dem Gebäudeertragswert anzusetzen ist. Andernfalls ergäbe sich insoweit eine doppelte Erfassung des Bodenwerts. Deshalb muss der in § 185 Abs. 1 BewG definierte Reinertrag des Grundstücks um den Betrag gemindert werden, der sich durch eine angemessene Verzinsung des Bodenwerts ergibt. Erst der sich so ergebende Gebäudereinertrag ist zur Ermittlung des Gebäudeertragswerts zu kapitalisieren.
II. Verzinsung des Bodenwerts
Rz. 8
Der Betrag, der einer angemessenen Verzinsung des Bodenwerts entspricht, ergibt sich durch Multiplikation des Liegenschaftszinssatzes mit dem Bodenwert. Dabei ist als Bodenwert der sich nach § 179 BewG durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert ergebende Betrag anzusetzen. Der maßgebende Liegenschaftszinssatz richtet sich nach § 188 BewG.
III. Verzinsungsbetrag bei übergroßen Grundstücken
Rz. 9
Eine Besonderheit kann sich bei Grundstücken ergeben, die wesentlich größer sind, als es einer den Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht. Es liegt auf der Hand, dass bei einem übergroßen Grundstück wegen der Übergröße eine zu hohe Verzinsung des Bodenwerts abgezogen werden könnte. Dies könnte zu ungewollten Wertverzerrungen führen. § 185 Abs. 2 Satz 3 BewG versucht dies zu verhindern.
Rz. 10
Deshalb darf bei einem Grundstück, das wesentlich größer ist, als es einer den Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht, der Bodenwert dieser Teilfläche bei der Berechnung des Verzinsungsbetrags nicht berücksichtigt werden, wenn eine zusätzliche Nutzung oder Verwertung der Teilfläche des Grundstücks zulässig und möglich ist. Somit wird bei einem Grundstück, das durch die vorhandene Bebauung nicht angemessen genutzt wird, und bei dem eine zusätzliche Verwertung einer Teilfläche zulässig und möglich ist, diese Teilfläche bei der Berechnung des Abzugs der Bodenwertverzinsung nicht einbezogen. Im Ergebnis darf bei der Ermittlung des Betrags der Bodenwertverzinsung nur die der jeweiligen Bebauung zurechenbare Grundstücksfläche angesetzt werden.
Rz. 11
Unverzichtbare Voraussetzung ist dabei, dass die selbstständig verwertbaren Teilflächen nicht als selbstständige wirtschaftliche Einheiten anzusehen sind.
1. Bedeutung der Vorschrift in der Praxis
Rz. 12
Eine ähnliche Regelung gilt bei Grundstücksbewertungen, die von Sachverständigen zur Verkehrswertermittlung durchgeführt werden. Da sich der Umfang der zu bewertenden Grundstückseinheit bei der Verkehrswertermittlung der Sachverständigen nicht nach dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit i.S. des § 2 BewG richtet, hat dort die Kürzung des auf den Bodenwert entfallenden Verzinsungsbetrags in der Praxis seine Berechtigung.
Rz. 13
Bei der Ermittlung des gemeinen Werts nach dem Bewertungsgesetz dürfte diese Regelung dagegen häufig ins Leere laufen, weil zu befürchten ist, dass eine selbstständige Verwertbarkeit einer Teilfläche von den Bewertungsstellen der Finanzämter regelmäßig nur dann zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, wenn die Teilfläche bereits nach allgemeinen Grundsätzen eine separate wirtschaftliche Einheit i.S. des § 2 BewG bildet. Der Steuerzahler wird die Regelung des § 185 Abs. 2 Satz 3 BewG kaum verlangen, weil die Kürzung des auf den Bodenwert entfallenden Verzinsungsbetrags in den Fällen von übergroßen Grundstücken im Ergebnis den Reinertrag des Grundstücks und damit den festzustellenden Grundbesitzwert erhöht.
2. Beispiel zur Kürzung des Verzinsungsbetrags
Rz. 14
H B 185.1 Abs. 3 ErbStH 2011 enthält das nachstehende Beispiel bezüglich der Berechnung der Bodenwertverzinsung bei einer selbstständig verwertbaren Teilfläche: