Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 75
Übersteigt die in einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nachhaltig gehaltene Anzahl von Vieheinheiten die für die Größe des Betriebs nach § 241 Abs. 1 BewG zulässige Grenze, so ist für die Abgrenzung zwischen Landwirtschaft und Gewerbe entscheidend, ob in dem Betrieb mehrere Zweige des Tierbestands gehalten werden.
Rz. 76
Beschränkt sich der Betrieb in der Tierhaltung nur auf einen Zweig, so ist die gesamte Tierhaltung, als gewerblicher Betrieb zu behandeln. Umfasst der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft aber einen Tierbestand, der sich aus mehreren Zweigen zusammensetzt, so findet eine Abgrenzung der verschiedenen Zweige des Tierbestands für die landwirtschaftliche Nutzung und für die gewerbliche Tätigkeit statt, wobei allerdings immer nur ein einzelner Zweig des Tierbestands im Ganzen der landwirtschaftlichen Nutzung oder der gewerblichen Tierzucht und Tierhaltung zugerechnet werden kann.
Rz. 77
Diese Zurechnung der einzelnen Zweige richtet sich nach ihrer Flächenabhängigkeit. Die Reihenfolge, in der Zweige des Tierbestands aus der landwirtschaftlichen Nutzung auszuscheiden sind, richtet sich folglich danach, in welchem Umfang die Tierhaltung von der landwirtschaftlich genutzten Fläche abhängig ist.
Rz. 78
Zunächst sind Zweige mit geringerer Flächenabhängigkeit auszuscheiden, da diese Zweige den stärkeren gewerblichen Charakter haben. Die Ausgliederung ist solange fortzusetzen, bis die in § 241 Abs. 1 BewG zugelassene Anzahl von Vieheinheiten erreicht wird. Die Reihenfolge des Ausscheidens der einzelnen Zweige richtet sich nach der Zahl der Vieheinheiten. Zunächst sind diejenigen Zweige auszuscheiden, die die größere Anzahl von Vieheinheiten haben. Die Flächenabhängigkeit der einzelnen Tierzweige ergibt sich aus der Anlage 35 zum BewG, die nachstehend wiedergegeben wird:
1. Mehr flächenabhängige Zweige des Tierbestands |
2. Weniger flächenabhängige Zweige des Tierbestands |
Pferdehaltung, |
Schweinezucht, |
Pferdezucht, |
Schweinemast, |
Schafzucht, |
Hühnerzucht, |
Schafhaltung, |
Entenzucht, |
Rindviehzucht, |
Gänsezucht, |
Milchviehhaltung, |
Putenzucht, |
Rindviehmast. |
Legehennenhaltung, |
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Junghühnermast, |
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Entenmast, |
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Gänsemast, |
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Putenmast. |
Rz. 79
Von der vom Gesetzgeber vorgenommenen Einteilung in mehr flächenabhängige und weniger flächenabhängige Zweige des Tierbestandes darf nicht abgewichen werden, auch wenn die tatsächlichen Verhältnisse im einzelnen Betrieb anders liegen sollten. Die in der Anlage 35 nicht aufgeführte Tierart Damtiere, Lamas und Altweltkameliden, der Tierzweig Kälbermast sowie die Tierart Kaninchen dürften den mehr flächenabhängigen Zweigen des Tierbestandes zuzuordnen sein.
Rz. 80
Von den Zweigen mit "weniger Flächenabhängigkeit" sind stets zuerst diejenigen Zweige des Tierbestands auszuscheiden und damit der gewerblichen Tierzucht und Tierhaltung zuzurechnen, die die größere Anzahl von Vieheinheiten haben. Das gleiche gilt für die mehr flächenabhängigen Zweige des Tierbestands. Dies ergibt sich aus § 241 Abs. 2 Satz 3 BewG, der bestimmt, dass innerhalb jeder der beiden Gruppen zuerst Zweige des Tierbestands mit der geringeren Anzahl von Vieheinheiten und dann Zweige mit der größeren Anzahl von Vieheinheiten der landwirtschaftlichen Nutzung zuzurechnen sind.
Rz. 81
Mit der Regelung des § 241 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BewG hat der Gesetzgeber abschließend entschieden, welche Tierbestände zur landwirtschaftlichen Nutzung und welche zu einem gewerblichen Betrieb gehören, so dass die freie Entscheidung des Betriebsinhabers über die Zurechnung von Teilen des Tierbestandes eingeschränkt ist.
Rz. 82
Als Zweige des Tierbestands gelten nach § 241 Abs. 3 BewG bei jeder Tierart für sich das Zugvieh, das Zuchtvieh, das Mastvieh und das übrige Nutzvieh. Die Tierarten selbst ergeben sich aus dem Umrechnungsschlüssel. Das Zuchtvieh ist nur dann ein besonderer Zweig des Tierbestands, wenn die erzeugten Jungtiere überwiegend zum Verkauf bestimmt sind. Ist das nicht der Fall, so ist das Zuchtvieh dem Zweig des Tierbestands zuzurechnen, dem es überwiegend dient (§ 241 Abs. 3 Satz 3 BewG).
Rz. 83
Als Zweige des Tierbestandes gelten somit z.B. bei der Haltung von Hühnern das Zuchtgeflügel, das Mastgeflügel und die Legehennen. Bei der Haltung von Schweinen gehören z.B. Zuchtsauen und selbsterzeugte Ferkel immer demselben Zweig des Tierbestandes an. Sind die selbsterzeugten Ferkel überwiegend zum Verkauf bestimmt, so bilden sie mit den Zuchtschweinen den Tierbestandszweig "Schweinezucht". Verbleiben die selbsterzeugten Ferkel dagegen überwiegend zur Mast im eigenen Betrieb, so gehören sie mit den Zuchtschweinen zu dem Tierbestandszweig "Schweinemast". Besteht z.B. der Tierbestand eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft nur aus Zuchtsauen und aus überwiegend zum Verkauf bestimmten Ferkeln, so ist bei der Überschreitung der Grenze des § 241 Abs. 1 BewG der gesamte Tierbestandszweig "Schweinezuc...