Rz. 64
Zur zweckmäßigeren und wirtschaftlicheren Nutzung des Grund und Bodens wurden bei der Anlage von Siedlungen vielfach Gemeinschaftseinrichtungen des Grundvermögens geschaffen, die im Miteigentum der (Allein-)Eigentümer der angrenzenden Grundstücke (Eigentumswohnungen) stehen. Als solche Gemeinschaftseinrichtungen kommen vor allem Garagen, Stellplätze, Zuwege, Hofräume und Spielplätze in Betracht. Bürgerlich-rechtlich kann nach h.M. ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück einem anderen Grundstück nicht als Bestandteil zugeschrieben werden. Hier hat § 70 Abs. 3 BewG als Ausnahme von § 2 Abs. 2 BewG die einem praktischen Bedürfnis entsprechende Voraussetzung geschaffen, dass bewertungsrechtlich ein Grundstück mit einem Miteigentumsanteil an einem anderen Grundstück zu einer wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens und damit zu einem einzigen Grundstück zusammengefasst werden kann. Die Einbeziehung des Miteigentumsanteils in das Grundstück des Miteigentümers ist aber nur möglich, wenn alle Anteile Eigentümern von Grundstücken gehören, die ihren Anteil jeweils zusammen mit ihrem Grundstück nutzen.
Die Entscheidung, ob der Miteigentumsanteil in das Grundstück mit einzubeziehen ist, kann damit für alle Miteigentümer nur einheitlich getroffen werden. Eine Nutzung zusammen mit dem Grundstück liegt auch dann vor, wenn z.B. ein Anteil an einem Garagengrundstück an einen Dritten vermietet wird, der nicht Eigentümer, aber Mieter eines Grundstücks ist, zu dem der Miteigentumsanteil gehört. Dagegen ist die Vermietung an einen Außenstehenden nach dem Wortlaut des Gesetzes schädlich.
Rz. 65
Sieht die Verkehrsanschauung in dem im Miteigentum stehenden Gemeinschaftsgrundstück eine selbständige wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens, so ist die Einbeziehung der Miteigentumsanteile in die Hauptgrundstücke ausgeschlossen. Das kann bei Garagengrundstücken möglich sein, die sich in größerer Entfernung von den Hauptgrundstücken befinden, so dass die Verkehrsanschauung aufgrund der räumlichen Trennung sie nicht als Bestandteil der Hauptgrundstücke ansieht.
Rz. 66
Nach Abschn. 4 Abs. 2 BewRGr soll § 70 Abs. 2 BewG auch auf Fälle angewendet werden, in denen die Hauptgrundstücke zwar verschiedene wirtschaftliche Einheiten sind, aber nicht verschiedenen, sondern demselben Eigentümer gehören. Dieser Fall ergibt sich z.B., wenn eine Wohnungsbaugesellschaft mehrere Mietwohngrundstücke errichtet hat, für die eine gemeinsame Tiefgarage besteht. In diesem Fall wird nach den Richtlinien der Anteil an der Tiefgarage in die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens mit einbezogen.