Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
I. Grundsätzliches
Rz. 59
Bei einem Gebäude auf fremdem Grund und Boden wird die Grundstücksart nach den allgemein gültigen Regelungen des § 75 BewG bestimmt. Je nach Nutzung kann das Gebäude auf fremdem Grund und Boden ein
Bezüglich der Einzelheiten vgl. die Kommentierung zu § 75 BewG.
Rz. 60
Die Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des § 76 BewG. Insofern kommt eine Bewertung im Ertragswertverfahren (§ 76 Abs. 1 BewG) oder im Sachwertverfahren (§ 76 Abs. 2 und 3 BewG) in Betracht (vgl. Kommentierung zu 76 BewG). Bei der Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ist zu berücksichtigen, dass der Grund und Boden nicht in die Bewertung mit einzubeziehen ist. Da der Wert des Grund und Bodens beim Ertragswertverfahren im Gesamtwert enthalten ist, muss er in diesem Fall nach § 94 Abs. 3 Satz 2 BewG wieder herausgerechnet werden (vgl. Rz. 62 f.).
Rz. 61
Bei der Bewertung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ist weiterhin zu beachten, dass die Vorschrift des § 77 Abs. 2 BewG über die Mindestbewertung nicht anwendbar ist. Ebenso kann hier § 72 Abs. 2 BewG – Gebäude von untergeordneter Bedeutung – nicht greifen, da diese Vorschrift im Fall des § 94 BewG zur Nichtbewertung eines im fremden Eigentum stehenden Gebäudes und zur Annahme eines unbebauten Grundstücks führen würde (vgl. Rz. 70 ff.). Zudem kann eine untergeordnete Bedeutung gegenüber dem Grund und Boden nur ein im Eigentum derselben Person stehendes Gebäude haben, d.h. der Eigentümer des Grund und Bodens und des Gebäudes muss dieselbe Person sein. Dagegen ist die Vorschrift des § 91 BewG – Grundstücke im Zustand der Bebauung – auch im Fall des § 94 BewG anzuwenden (vgl. hierzu die Kommentierung zu § 91 BewG).
II. Ertragswertverfahren
Rz. 62
Wird das Gebäude auf fremdem Grund und Boden im Ertragswertverfahren (§§ 78–82 BewG) bewertet, umfasst der durch Vervielfachung der Jahresrohmiete ermittelte Wert auch den Bodenwert. Daher ist gemäß § 94 Abs. 3 Satz 2 BewG von dem sich nach §§ 78 bis 80 BewG ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Abziehbar ist nur der Wert, mit dem der Grund und Boden in dem nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Wert enthalten ist. Es ist nicht zulässig, den Bodenwertanteil aus dem gemeinen Wert des Grund und Bodens zu ermitteln. Sind darüber hinaus Besonderheiten nach §§ 81 und 82 BewG zu berücksichtigen, sind diese aufgrund der gesetzlichen Vorgabe des § 94 Abs. 3 Satz 1 BewG nach Abzug des auf den Grund und Boden entfallende Anteils vorzunehmen. Vgl. zur Ermittlung des abzuziehenden Bodenwertanteils im Einzelnen § 78 BewG Rz. 24.
Rz. 63
Beispiel 1:
Auf fremdem Grund und Boden wurde im Jahre 1980 ein Einfamilienhaus in Massivbauweise errichtet, das nach dem Ertragswertverfahren zu bewerten ist. Die Jahresrohmiete (JRM) beträgt 7.200 DM und der Vervielfältiger beträgt bei der maßgebenden Gemeindegrößenklasse von 5.000 bis 10.000 Einwohner 12,0.
Für das Einfamilienhaus auf fremdem Grund und Boden ergibt sich folgender Einheitswert:
JRM × Vervielfältiger nach Anlage 7 zum BewG |
|
7.200 DM × 12,0 |
= 86.400 DM |
abzüglich Bodenwertanteil |
|
7.200 × 1,11 (vgl. Tabelle bei § 78 BewG Rz. 24) |
– 7.992 DM |
Verbleiben |
= 78.408 DM |
Einheitswert für das Gebäude auf fremdem Grund und Boden (Abrundung nach § 30 Satz 1 Halbs. 1 BewG) |
= 78.400 DM |
In Euro umgerechneter Einheitswert für das Gebäude auf fremdem Grund und Boden (Abgerundet nach § 30 Satz 2 BewG) |
= 40.085 EUR |
Rz. 64
Beispiel 2:
Ein kleinerer Lebensmittelmarkt (Geschäftsgrundstück) mit einer Verkaufsfläche von 650 qm wird 1975 in einer Gemeinde mit 32.000 Einwohnern auf fremdem Grund und Boden errichtet (Massivbau). Die Jahresrohmiete (JRM) beträgt 33.600 DM. Wegen festgestellter Baumängel kommt nach § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG eine Ermäßigung i.H. von 8 % in Betracht.
Für das Gebäude auf fremdem Grund und Boden (Geschäftsgrundstück) ergibt sich folgender Einheitswert:
JRM × Vervielfältiger nach Anlage 6 zum BewG |
33.600 DM × 9,0 |
302.400 DM |
Abzüglich Bodenwertanteil (vgl. Tabelle bei Rz. 24 zu § 78 BewG) |
|
33.600 DM × 2,14 |
– 71.904 DM |
Gebäudewert |
= 230.496 DM |
Abzüglich Ermäßigung nach § 82 Abs. 1 Nr. 2 BewG wegen Baumängel (8 % von 230.496 DM) |
– 18.440 DM |
Grundstückswert für das Gebäude auf fremdem Grund und Boden |
= 212.056 DM |
Einheitswert für das Gebäude auf fremdem Grund und Boden (Abrundung nach § 30 Satz 1 Halbs. 1 BewG) |
= 212.000 DM |
In Euro umgerechneter Einheitswert für das Gebäude auf fremdem Grund und Boden (Abgerundet nach § 30 Satz 2 BewG) |
= 108.393 EUR |