Rz. 36
Nach der eindeutigen Formulierung des § 76 BewG ist darauf abzustellen, ob besondere Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale vorliegen, und sodann in einem eigenem Subsumtionsschritt zu prüfen,
- ob diese Merkmale zu einer wesentlichen Unterscheidung führen.
In seinen Entscheidungen v. 7.11.2000 und v. 11.1.2006 führt der BFH zu Recht aus, dass § 76 Abs. 3 Satz 1 BewG drei unbestimmte Rechtsbegriffe verwende. So sei Voraussetzung für die Anwendung des Sachwertverfahrens die "besondere Gestaltung oder besondere Ausstattung" des Objekts. Hinzukommen müsse die "wesentliche Unterscheidung". Richtigerweise weist der BFH darauf hin, dass nicht jede besondere Gestaltung oder besondere Ausstattung die Anwendung des Sachwertverfahrens rechtfertige. Dies ist nur dann der Fall, wenn die besondere Gestaltung oder besondere Ausstattung dazu führt, dass sich das Objekt in seiner Gesamtheit deutlich von der Masse der vergleichbaren Ein- oder Zweifamilienhäuser abhebt und der Wohnwert des Hauses im besonderen Maße dadurch erhöht wird.
Rz. 37
Auch für die Frage der wesentlichen Unterscheidung ist nicht auf Gebäude abzustellen, die zeitgleich oder nach dem jeweiligen Objekt errichtet wurden, sondern auf die Standards der Wohnqualität und die Wohnverhältnisse des letzten Hauptfeststellungszeitpunkts (1.1.1964) auch wenn sich hieraus, wie bereits oben dargelegt, erhebliche Diskrepanzen ergeben, da heutige Gebäude beispielsweise von der Isolierungsseite her regelmäßig mindestens ein Merkmal mitbringen, das nach R 16 Abs. 4 BewRGr eine besondere Ausstattung darstellt.
Auch wenn in den sonstigen Entscheidungen des BFH zu der Fragestellung, wann bei einem Ein- oder Zweifamilienhaus das Sachwertverfahren anzuwenden ist, nicht derart deutlich darauf abstellt, dass die besondere Gestaltung oder die besonderen Ausstattungsmerkmale dazu führen müssen, dass sich das Grundstück wesentlich von den Vergleichsgrundstücken unterscheidet, spielt dieses Tatbestandsmerkmal immer eine Rolle. So stellt der BFH beispielsweise in seinem Beschluss v. 22.7.2005 vermeintlich lediglich darauf ab, dass bei einer Wohnfläche von mehr als 220 qm das Einfamilienhaus eine besondere Gestaltung i.S.d. § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG aufweise. Er formuliert:
"Neben dieser besonderen Gestaltung bedarf es keiner besonderen Ausstattungsmerkmale, um die Anwendung des Sachwertverfahrens zu rechtfertigten. Gemäß § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG reicht es für die Wertermittlung im Sachwertverfahren aus, dass entweder eine besondere Gestaltung oder eine besondere Ausstattung vorliegt."
Aus dem Umstand, dass hier nicht darauf abgestellt wird, dass diese besondere Gestaltung zu einer wesentlichen Abweichung führt, kann nicht geschlossen werden, dass es auf dieses Tatbestandsmerkmal nicht ankommt. In der genannten Entscheidung geht es lediglich darum, dass die besondere Gestaltung im Verhältnis zur besonderen Ausstattung ein alternatives Tatbestandsmerkmal ist, das nicht kumulativ mit der besonderen Ausstattung vorliegen muss. Aus den vom BFH in dieser Entscheidung zitierten Urteilen und Beschlüssen ergibt sich, dass der BFH besondere Gestaltungen und besondere Ausstattungen nur dann für die Anwendung des Sachwertverfahrens genügen lässt, wenn sie auch zu einer wesentlichen Abweichung führen. Für die im Beschluss v. 22.7.2005 in Frage stehende Wohnflächengröße von mehr als 220 qm war auf diese Frage nicht gesondert einzugehen, da aus der vorliegenden Rechtsprechung des BFH hervorgeht, dass aus der besonderen Gestaltung von mehr als 220 qm Wohnfläche eines Einfamilienhauses immer eine wesentliche Abweichung resultiert.
Der BFH hat zur Frage, ob ein Schwimmbad die Anwendung des Sachwertverfahrens rechtfertigt, insoweit mehrfach entschieden, dass ein im Haus untergebrachtes Schwimmbecken zwar ein besonderes Ausstattungsmerkmal ist, dies zumindest aber bei einer Wasseroberfläche von 28 qm noch nicht zu einer wesentlichen Unterscheidung des Einfamilienhauses von den im Ertragswertverfahren zu bewertenden Einfamilienhäusern führt.