Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 76
Wird ein bereits bebautes Grundstück um ein Gebäude oder einen Gebäudeteil erweitert, das bzw. der im Besteuerungszeitpunkt noch nicht fertiggestellt ist, kommt es ebenfalls zu einer Bewertung nach § 149 BewG. Nachfolgend werden die Fälle erörtert, bei denen das Grundstück vor Beginn der Baumaßnahme im Ertragswertverfahren zu bewerten ist. Dieses Grundstück kann um Gebäude oder Gebäudeteile erweitert werden, die ebenfalls im Ertragswertverfahren oder nach § 147 BewG zu bewerten sind.
Rz. 77
Wird ein bereits bebautes Grundstück, das vor Durchführung der Baumaßnahme im Ertragswertverfahren zu bewerten wäre, erweitert, z.B. durch einen An- oder Ausbau, der im Besteuerungszeitpunkt noch nicht fertiggestellt ist, ist zusätzlich zu dem Grundstückswert vor Durchführung der Baumaßnahme die neu geschaffene Bausubstanz zu berücksichtigen. Bei einer Bewertung des Grundstücks nach Beendigung der Baumaßnahme im Ertragswertverfahren geschieht dies nach den Grundsätzen des § 149 Abs. 2 BewG. Entsprechend ist vorzugehen, wenn ein Gebäude abschnittsweise errichtet wird und im Besteuerungszeitpunkt mindestens ein Bauabschnitt abgeschlossen und ein weiterer Bauabschnitt durchgeführt wird. In diesem Fall werden die bereits abgeschlossenen Bauabschnitte als bezugsfertige Gebäude angesehen, deren Grundstückswert um die Bausubstanz für den im Besteuerungszeitpunkt noch nicht abgeschlossenen Bauabschnitt erhöht wird.
Rz. 78
Nach Rz. 45 der gleich lautenden Ländererlasse v. 17.6.1997 ist der Grundstückswert für Erwerbe vor dem 1.1.1999 wie folgt zu ermitteln: In einem ersten Rechenschritt ist der Grundstückswert vor Beginn der Baumaßnahme im Ertragswertverfahren zu ermitteln. In einem zweiten Rechenschritt ist der Grundstückswert nach Fertigstellung des im Besteuerungszeitpunkt im Bau befindlichen Gebäudes zu berechnen. Der Unterschiedsbetrag zwischen den beiden Grundstückswerten ist der Wertzuwachs für das noch fertigzustellende Gebäude im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Dieser Wertzuwachs beinhaltet auch den anteiligen Wert des Grund und Bodens. Daher ist der Wertzuwachs um den Bodenwert von 20 % zu kürzen; es verbleibt der Gebäudewert im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Dieser Gebäudewert ist entsprechend seinem Fertigstellungsgrad im Besteuerungszeitpunkt dem Grundstückswert vor Beginn der Baumaßnahme hinzuzurechnen. Der so ermittelte Grundstückswert darf über den Grundstückswert nicht hinausgehen, der sich nach Beendigung der Baumaßnahme ergibt.
Rz. 78.1
Demgegenüber sieht R 189 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ErbStR 2003 folgende Bewertung vor: Der Wert der neu geschaffenen Gebäude oder Gebäudeteile ist mit 80 % des Grundstückswerts anzusetzen, der sich unter Ansatz der üblichen Miete im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit ergibt, wobei dieser Wert dann unter Berücksichtigung des Fertigstellungsgrads im Besteuerungszeitpunkt dem Wert des Grundstücks vor Beginn der Baumaßnahme hinzuzurechnen ist:
Diese Verwaltungsauffassung wird unverändert auch in den gl. lt. Erl. v. 2.4.2007 vertreten.
Rz. 79
Wird ein auf dem Grundstück vorhandenes Gebäude vor Beginn der Baumaßnahme abgerissen und danach mit einem Gebäude bebaut, das zusammen mit dem Grund und Boden im Ertragswertverfahren zu bewerten ist, liegt kein Fall der Weiteranwendung des Ertragswertverfahrens vor. Denn für die Bewertung ist der Zustand nach Abbruch des Gebäudes maßgebend. In diesem Zeitpunkt liegt ein unbebautes Grundstück vor, auf dem ein Gebäude errichtet wird.
I. Grundstückswert vor Beginn der Baumaßnahme
Rz. 80
Der Grundstückswert vor Beginn der Baumaßnahme ist ohne Berücksichtigung des im Besteuerungszeitpunkt noch nicht fertiggestellten Gebäudes oder Gebäudeteils zu berechnen. Dabei bleiben bereits bezugsfertige Gebäudeteile, die zu den nicht abgeschlossenen Baumaßnahmen gehören, unberücksichtigt. Eine Ausnahme gilt für die Errichtung in Bauabschnitten. Bei einer solchen Bebauung ist für die Ermittlung des Grundstückswerts vor Beginn der Baumaßnahme darauf abzustellen, was im Besteuerungszeitpunkt als bezugsfertiges Gebäude anzusehen ist.
Rz. 81
Beim Abbruch eines vorhandenen Gebäudeteils ist für die Ermittlung des Ausgangswerts nur der Zustand des Grundstücks maßgebend, der nach Beendigung der Abbrucharbeiten vorhanden ist. Handelt es sich bei der dann noch vorhandenen Bausubstanz um ein nicht benutzbares Gebäude, so erfolgt die Bewertung ohne Berücksichtigung der Bausubstanz wie bei einem unbebauten Grundstück. Die vorhandene Gebäudesubstanz des Altgebäudes fließt in diesem Fall in den Gebäudewert des noch fertigzustellenden Gebäudes ein, und zwar in der...