Rz. 72
Der bei der Hauptveranlagung festgesetzte Steuermessbetrag gilt gemäß § 16 Abs. 2 GrStG vorbehaltlich der Neuveranlagung nach § 17 GrStG und Aufhebung des Steuermessbetrags nach § 20 GrStG von dem Kalenderjahr an, das zwei Jahre nach dem Hauptveranlagungszeitpunkt beginnt. Vgl. zum Hauptveranlagungszeitpunkt Rz. 64.
Rz. 73
Der Zeitraum, in dem der festgesetzte Steuermessbetrag – vorbehaltlich der zuvor genannten Ausnahmen – gilt, ist der Hauptveranlagungszeitraum. Dieser erstreckt von dem o.g. Beginn bis zu dem Zeitpunkt, von dem an die Steuermessbeträge der nächsten Hauptveranlagung wirksam werden. D.h. für diesen Zeitraum bleibt der festgesetzte Steuermessbetrag vorbehaltlich der § 17 (Neuveranlagung) und § 20 GrStG (Aufhebung des Steuermessbetrags) maßgebend.
Rz. 74
Die erst verzögert eintretende Wirksamkeit der Grundsteuermessbeträge ist darauf zurück zu führen, dass der Bescheid über den Grundsteuerwert und der Bescheid über den Steuermessbetrag grds. zusammen, also gleichzeitig auf den maßgebenden Stichtag ergehen. Es ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung zur Durchführung der im Bundesmodell vorgesehenen regelmäßigen Hauptfeststellungen im Turnus von 7 Jahren – insbesondere bei den ersten Hauptfeststellungen auf den 1.1.2022 und 1.1.2029 – mehrere Jahre benötigen wird. Denn im Rahmen dieser Hauptfeststellungen sind jeweils ca. 36 Mio. wirtschaftliche Einheiten (ca. 5 Mio. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und 31 Mio. Grundstücke) zu bewerten. Das Verfahren dürfte sich mit zunehmender automationstechnischer Unterstützung aber immer mehr beschleunigen.
Rz. 74.1
Mit Einräumung der gesetzlichen Nachlauffrist von zwei Jahren will der Gesetzgeber letztendlich erreichen, dass rechtzeitig vor der Anwendung der neuen Steuermessbeträge deren Volumen zumindest ungefähr bekannt ist, damit die Gemeinden noch die Möglichkeit haben, ggf. die Höhe ihrer Hebesätze anzupassen. Außerdem dient der einheitliche Wirksamkeitszeitpunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, da die Wirksamkeit nicht von der (zufälligen) Bekanntgabe des einzelnen Grundsteuermessbescheids abhängig ist.
Rz. 75
Bezüglich der erstmaligen Anwendung der neuen Grundsteuerwerte als Grundlage für die Steuermessbeträge gilt abweichend von den vorstehenden Ausführungen eine Sonderregelung. Durch § 36 Abs. 2 GrStG wird geregelt, dass die in der Hauptveranlagung 2025 festgesetzten Steuermessbeträge abweichend von § 16 Abs. 2 GrStG und vorbehaltlich der §§ 17 und 20 GrStG mit Wirkung von dem am 1.1.2025 beginnenden Kalenderjahr an gelten. D.h. bei der Hauptveranlagung 2025 beginnt der Hauptveranlagungszeitraum unmittelbar am Hauptveranlagungszeitpunkt 1.1.2025 und somit nicht erst mit zweijährigem Nachlauf zum 1.1.2027.
Rz. 75.1
Damit die Gemeinden die zu erwartende flächendeckende Anpassung ihrer Hebesätze aufgrund der Grundsteuerreform vornehmen können, haben die Lagefinanzämter mit der Feststellung der Grundsteuerwerte grds. auch gleichzeitig die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags vorgenommen. D.h. beginnend ab dem Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 sind die Bescheide über Grundsteuerwerte und Steuermessbeträge ergangen. Fraglich ist, ob dieses Verfahren in allen Bundesländern rechtzeitig vor dem 1.1.2025 abgeschlossen werden kann und den Gemeinden noch ausreichend Zeit zur möglichen Anpassung ihrer Hebesätze verbleibt.
Rz. 75.2
Die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen (NRW) hat im Hinblick auf die vorstehende Anpassung der Hebesätze im Juni 2024 die aufkommensneutralen Hebesätze für die Grundsteuer für alle Städte und Gemeinden in NRW veröffentlicht. Dabei sind die Daten online bereitgestellt und öffentlich einsehbar, auf deren Grundlage die Kommunen die Höhe ihrer Grundsteuer ab dem Jahr 2025 festlegen können, um die gleichen Einnahmen aus der Grundsteuer zu erzielen wie bisher. Dies sind im Einzelnen folgende zur Aufkommensneutralität führende Hebesätze, mit denen das Aufkommen der Grundsteuer gegenüber dem 1. Januar 2024 konstant bliebe:
- für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke (Grundsteuer A):
- für alle bebauten oder bebaubaren Grundstücke sowie Gebäude (Grundsteuer B);
- differenzierte Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngebäude innerhalb der Grundsteuer B.
Rz. 75.3
Zur Berechnung der aufkommensneutralen Hebesätze hat die Finanzverwaltung NRW zunächst das jeweilige Messbetragsvolumen 1.1.2024 (d.h. vor der GrSt-Reform) mit dem dafür geltenden Hebesatz 2024 multipliziert. Das Produkt stellt das Ist-Aufkommen 2024 dar. Dieses wurde anschließend durch das jeweilige Messbetragsvolumen nach der GrSt-Reform geteilt. Grundlage dafür waren:
- eine Sonderauswertung Anfang März 2024 über sämtliche Grundsteuermessbeträge nach bisherigem Recht;
- die der Finanzverwaltung NRW zu Ende Februar 2024 bekannten Hebesätze zum 1.1.2024 der jeweiligen Stadt oder Gemeinde und
- die Summe aller Grundsteuermessbeträge aller Fälle...