Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 81
Bei dem Erbbaurecht handelt es sich um das veräußerliche und vererbliche Recht an einem Grundstück, auf oder unter der Oberfläche des belasteten Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs. 1 ErbbauVO). Es kann selbständig mit Rechten belastet werden (vgl. Rz. 31–41). Ebenfalls kann mit Zustimmung des Grundstückseigentümers (Erbbaurechtsgeber) an dem (Ober-)Erbbaurecht ein anderes (Unter-)Erbbaurecht bestellt werden. Belastungsgegenstand des Untererbbaurechts ist somit das Obererbbaurecht und nicht das Erbbaugrundstück. Dabei bleibt der Erbbaurechtsgeber bürgerlich-rechtlich Eigentümer des belasteten Grundstücks. Zivilrechtlich wird das Obererbbaurecht sowie das Untererbbaurecht wie ein Grundstück behandelt (§ 11 ErbbauVO).
Diese Fallgestaltung erscheint beispielsweise dann sinnvoll, wenn der Erbbaurechtsnehmer des Obererbbaurechts keine eigenständige Bebauung vornehmen möchte, sondern dies dem Erbbaurechtsnehmer des Untererbbaurechts überlässt und zeitgleich einen Vertrag über die Nutzungsmöglichkeit des Bauwerks abschließt. Auch sind Fälle denkbar, in denen der Erbbaurechtsgeber ein (Ober-)Erbbaurecht für einen Erbbaurechtsnehmer (z.B. Bauträger) und dieser wiederum mehrere Untererbbaurechte bestellt. Im Ergebnis wird der Verwaltungsaufwand für den Erbbaurechtsgeber (Grundstückseigentümer) möglichst gering gehalten, da er nur einen Vertragspartner (den Erbbaurechtsnehmer des Obererbbaurechts) hat. Der Erbbaurechtsnehmer des Obererbbaurechts wird mit den Erbbaurechtsnehmern der Untererbbaurechte eine geeignete Nutzung der Untererbbaurechte realisieren.
Rz. 82
Da es sich bei dem Ober- wie Untererbbaurecht gleichermaßen um ein Erbbaurecht handelt, wird es in § 176 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BewG nicht explizit aufgeführt. Aus der Tatsache, dass das Untererbbaurecht nicht in § 176 BewG ausdrücklich benannt wurde, kann somit nicht der Umkehrschluss gezogen werden, die Bewertung desselben sei gesetzlich nicht geregelt. Vielmehr handelt es sich um zwei nebeneinanderstehende bzw. nacheinander stehende Erbbaurechte.
Bewertungsrechtlich wird das Ober- sowie Untererbbaurecht den Grundstücken gleichgestellt und jeweils als selbständige wirtschaftliche Einheit bewertet (§ 176 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BewG). Im Ergebnis liegen bei dieser Fallkonstellation die nachfolgenden drei wirtschaftlichen Einheiten vor:
- Erbbaurechtsgrundstück (belastetes Grundstück) des Erbbaurechtsgebers (Grundstückseigentümers), welches nach §§ 192, 194 BewG bewertet wird,
- Obererbbaurecht eines Erbbaurechtsnehmers, welches nach §§ 192, 193 BewG bewertet wird sowie
- Untererbbaurecht eines (weiteren) Erbbaurechtsnehmers, welches nach §§ 192, 193 BewG bewertet wird.