Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 81
Der Gesamtwert entspricht dem Wert des Grundstücks ohne Berücksichtigung der Belastung durch das Erbbaurecht. § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG (bis 2006) geht davon aus, dass es sich bei dem Grundstück, an dem das Erbbaurecht bestellt ist, um ein bebautes Grundstück handelt, das entweder nach § 146 BewG im Ertragswertverfahren oder nach § 147 BewG zu bewerten ist. Nicht gesetzlich geregelt sind die Fälle, in denen der Gesamtwert für
- ein unbebautes Grundstück oder
- ein Grundstück im Zustand der Bebauung zu ermitteln ist.
Rz. 82
Ist das Grundstück, an dem das Erbbaurecht bestellt worden ist, im Besteuerungszeitpunkt bebaut, ist der Gesamtwert i.d.R. im Ertragswertverfahren zu ermitteln. Ausgangsgröße für die Ertragsbewertung ist bei vermieteten Objekten die durchschnittliche Jahresmiete, bei eigengenutzten oder vergleichbar genutzten Objekten die durchschnittliche übliche Miete. Die Miete wird mit 12,5 kapitalisiert und um eine Alterswertminderung gekürzt. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern sowie bei vergleichbar gestalteten Eigentumswohnungen ist noch ein Zuschlag von 20 % auf den um die Alterswertminderung gekürzten Ausgangswert vorzunehmen, wenn das Objekt ausschließlich Wohnzwecken dient. Dieser Ertragswert ist nach unten auf den Mindestwert und nach oben auf den Verkehrswert begrenzt (§ 148 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 146 Abs. 6 und 7 BewG [bis 2006]).
Rz. 83
Handelt es sich bei dem bebauten Grundstück um ein "Industrieobjekt", das eigengenutzt wird, erfolgt die Bewertung nach § 147 BewG. Dies ist der Fall, wenn keine tatsächlich vereinbarte Miete vorhanden ist, eine übliche Miete nicht ermittelbar ist und insb., wenn die Gebäude zur Durchführung bestimmter Fertigungsverfahren, zu Spezialnutzungen oder zur Aufnahme bestimmter technischer Einrichtungen errichtet worden sind und nicht oder nur mit erheblichem Aufwand für andere Zwecke nutzbar gemacht werden können. Die Eigennutzung und die vergleichbare Nutzung i.S. des § 146 Abs. 3 Satz 1 BewG ist aus der Sicht des Erbbauberechtigten als Nutzer des Grundstücks zu beurteilen. Der Grundstückswert setzt sich bei Anwendung des § 147 BewG aus dem Wert des Grund und Bodens – dies sind i.d.R. die Grundstücksfläche × 70 % des Bodenrichtwerts – und dem Wert des Gebäudes – maßgebend ist der ertragsteuerliche Wert im Besteuerungszeitpunkt – zusammen.
Rz. 84
Befinden sich auf einem Grundstück sowohl Gebäude, die losgelöst von anderen Gebäuden im Ertragswertverfahren zu bewerten wären, als auch Gebäude, für die eine Bewertung nach § 147 BewG durchzuführen ist, musste nach den Ausführungen in R 180 ErbStR 1999 der Gesamtwert im sog. Mischverfahren ermittelt werden. Es musste also der Wert des Grund und Bodens nach § 145 Abs. 3 BewG unter Abzug eines Abschlags von 30 % berechnet werden, der Wert der Ertragswertobjekte unter Ansatz der durchschnittlichen Miete und der Wert der Gebäude i.S. des § 147 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Ansatz des Ertragsteuerwerts. Mit Einführung der ErbStR 2003 wurde zum 1.1.2003 die so genannte Mischbewertung seitens der Finanzverwaltung aufgegeben. Befinden sich dementsprechend auf einem Grundstück neben Gebäuden oder Gebäudeteilen, die nach § 147 BewG mit dem ertragsteuerlichen Wert anzusetzen sind, auch solche, die nach dem Ertragswertverfahren nach § 146 BewG zu bewerten wären, richtet sich die Wertermittlung für die gesamte wirtschaftliche Einheit einheitlich nach § 147 BewG. Im Erlass des FM Nordrhein-Westfalen v. 12.11.2003 wird ausgeführt, dass auf Antrag diese – zumeist zu einem niedrigeren Grundbesitzwert führende – Wertermittlungsmethode auch für alle noch offenen Fälle mit Bewertungsstichtagen vor dem 1.1.2003 gilt.
Rz. 85
Dem Umstand, ob das Gebäude von dem Grundstückseigentümer oder dem Erbbauberechtigten errichtet wurde, ist für die Ermittlung des Gesamtwerts keine Bedeutung beizumessen. Allerdings können sich hieraus für den Erbbauberechtigten Probleme ergeben, die seine Erklärungspflicht betreffen. Hat z.B. der Grundstückseigentümer ein Gebäude oder ein Gebäudeteil errichtet, das nach § 147 BewG zu bewerten ist, muss der Erbbauberechtigte hierfür den ertragsteuerlichen Wert angeben. Dieser Wert ist ihm i.d.R. nicht bekannt. Er kann nur über den Grundstückseigentümer in Erfahrung gebracht werden. Weigert sich der Grundstückseigentümer gegenüber dem Erbbauberechtigten, ihm diese Daten zur Verfügung zu stellen, muss das Finanzamt diesen Wert beim Grundstückseigentümer im Auskunftsverfahren nach § 93 AO erfragen. Vergleichbare Probleme treten auch bei der Bewertung im Ertragswertverfahren auf, wenn das Gebäude von dem Grundstückseigentümer errichtet und innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt vermietet wurde. Hier müssen die von dem Grundstückseigentümer erzielten Mieten in die Ertragsbewertung einbezogen werden. Dazu kommen noch andere grundstücksrelevante Daten, wie z.B. das Baujahr für die Vornahme der Alterswertminderung, die Durchführung größerer Mo...