Rz. 31
Die Zusammenrechnung setzt voraus, dass derselbe Erwerber von demselben Zuwender (Erblasser oder Schenker) bereits vorher innerhalb des Zehnjahreszeitraums Vermögen unentgeltlich erworben hat. Zuwendungen vom Vater können nicht mit Zuwendungen der Mutter zusammengerechnet werden, oder umgekehrt. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der Zuwendung um ein beiden Eltern gehörendes Wirtschaftsgut handelt. Ob das Vermögen der Mutter wirtschaftlich vom Vater stammt, z.B. durch vorherige Schenkung des Vaters an die Mutter, ist unerheblich.
Rz. 32
Keine Zusammenrechnung mit Vorschenkungen des künftigen Erblassers erfolgt auch, wenn zwischen Erbprätendenten vereinbart wird, dass der verzichtende Erbprätendent von dem anderen eine Gegenleistung für den lebzeitigen Verzicht auf Beteiligung am Nachlass eines (noch lebenden) Dritten erhält (s.a. § 15 ErbStG Rz. 27).
Rz. 33
Gestaltungstipp:
Um eine Zusammenrechnung zu vermeiden, empfiehlt es sich, dass z.B. Eltern jeweils ihrem Kind etwas schenken anstatt dass nur ein Elternteil doppelt schenkt. Großeltern sollten, anstelle alles auf ihre Kinder zu übertragen, die es dann (zumindest teilweise) auf ihre Kinder weiter übertragen – was dann im Zusammenhang mit bereits erfolgten Schenkungen zu § 14 ErbStG führt –, unter Ausnutzung des Freibetrags für Enkel von 200.000 Euro diesen direkt schenken (sog. Enkelschenkung). Außerdem gelten für die Enkel die gleichen Tarife wie für die Kinder, wenn die Eltern verstorben sind (s. § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG; s. auch § 15 ErbStG Rz. 33).
Rz. 34
Im Fall der Nacherbfolge hat der Nacherbe den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern (§ 6 Abs. 2 Satz 1 ErbStG). Der Erwerb kann daher nur mit früheren Zuwendungen des Vorerben an den Nacherben, nicht aber mit Zuwendungen des Erblassers an den Nacherben zusammengerechnet werden.
Rz. 35
Dies gilt auch dann, wenn der Nacherbe beantragt, der Versteuerung das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser zugrunde zu legen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 sowie § 7 Abs. 2 Satz 1 ErbStG). Der Erwerb des Nacherben bleibt auch in diesem Fall ein Erwerb vom Vorerben. Das Verhältnis des Nacherben zum Erblasser ist lediglich für die Steuerklasse von Bedeutung (s. § 15 ErbStG Rz. 10). Das FG Düsseldorf hat ebenso mit Urteil v. 14.10.2009 entschieden. Mit Urteil v. 3.11.2010 hat der BFH dies bestätigt.
Rz. 36
Bei einer Weiterschenkungsklausel erwirbt der Letzterwerber vom Schenker und nicht vom Zwischenerwerber, selbst wenn Letzterer das Geschenk vorzeitig herausgibt. Dieser Erwerb kann deshalb nur mit Erwerben vom Schenker zusammengerechnet werden.
Rz. 37
Erhält der Schlusserbe eines sog. Berliner Testaments (§ 2269 BGB) nach dem Tod des Letztversterbenden das gesamte Vermögen beider Eheleute und wird dieser Erwerb nur nach seinem Verwandtschaftsverhältnis zum Letztversterbenden besteuert, so ist dieses Vermögen nur mit den vorherigen Zuwendungen des Letztversterbenden zusammenzurechnen.
Rz. 38
War der Schlusserbe mit dem Erstverstorbenen näher verwandt und gilt deshalb die Fiktion des § 15 Abs. 3 ErbStG (s. § 15 ErbStG Rz. 88 ff.), wonach ein Erwerb vom Erstverstorbenen vorliegt, erfolgt eine Zusammenrechnung nur mit Vorerwerben des Erstverstorbenen.
Rz. 39
Bei der Steuerberechnung für eine Abfindung, die vom gesetzlichen Erben an einen weichenden Erben vor Eintritt des Erbfalls gezahlt wird (s. § 15 ErbStG Rz. 27), sind Vorschenkungen des zukünftigen Erblassers nicht anzurechnen.
Rz. 40
Nach § 15 Abs. 4 ErbStG ist bei einer Schenkung durch (i.S. "von" s. § 15 ErbStG Rz. 96) eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft der Besteuerung das persönliche Verhältnis des Erwerbers zu derjenigen unmittelbar oder mittelbar beteiligten natürlichen Person oder Stiftung zugrunde zu legen, durch die sie veranlasst ist. In diesem Fall gilt die Schenkung bei der Zusammenrechnung früherer Erwerbe nach § 14 ErbstG als Vermögensvorteil, der dem Bedachten von dieser Person anfällt (s. § 15 ErbStG Rz. 104).