Rz. 11
Die Wertfeststellung von Betriebsvermögen und Anteilen am – d.h.: an Personengesellschaften mit – Betriebsvermögen (§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG; vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 2, 3 AO) obliegt dem sog. Betriebsfinanzamt. Dabei handelt es sich um das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Gewerbebetriebs befindet. Bei Gewerbebetrieben ohne Geschäftsleitung ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk eine Betriebsstätte oder – bei mehreren Betriebsstätten – die wirtschaftlich bedeutendste unterhalten wird. Bei freiberuflicher Tätigkeit ist das Finanzamt zuständig, von dessen Bezirk aus die Berufstätigkeit vorwiegend ausgeübt wird.
Rz. 12
Die Anknüpfung an den Ort der Geschäftsleitung/Berufsausübung ist eine im Prinzip klare Regelung. Ihrem Wortlaut nach ("... unterhalten wird, ... ausgeübt wird") dürfte stets das jeweils aktuelle Betriebsfinanzamt zuständig sein. Dadurch gerät die Norm jedoch gerade in einem ihrer Hauptanwendungsfälle, dem Übergang eines gewerblichen/freiberuflichen Unternehmens durch Erbfall/Schenkung, in Konflikt mit dem Stichtagsprinzip des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts: Wenn der personelle Wechsel in der Unternehmensführung – zugleich oder erst später – auch zu einer örtlichen Änderung in der Geschäftsleitung (Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung, § 10 AO) führt, ereignet sich ein damit verbundener Zuständigkeitswechsel der Betriebsfinanzämter immer nach dem maßgebenden Steuerentstehungs- und Bewertungszeitpunkt, dem Bewertungsstichtag, und ist daher eigentlich unbeachtlich. Zuständig ist also, da das ErbStG keine ausdrücklich abweichende Bestimmung enthält (§ 11 ErbStG), grundsätzlich das Betriebsfinanzamt des Erblassers/Schenkers. Doch beachten Sie: Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind die Umstände bei Durchführung der Bedarfsbewertung maßgeblich. Dafür spricht die bessere Sachkenntnis im Zeitpunkt der Bewertung.
Rz. 13
Das Betriebsfinanzamt des Erblassers/Schenkers bleibt in jedem Fall zuständig, wenn das Unternehmen nicht fortgeführt wird. Dies gilt auch bei zwischenzeitlicher Veräußerung des Unternehmens oder Einbringung in eine Personen- bzw. Kapitalgesellschaft. Es gehört dann nicht mehr dem/n steuerpflichtigen Erwerber/n, sondern fremden Personen, die in das Besteuerungsverhältnis nicht involviert sind. Zur Durchführung des Bewertungsverfahrens, an dem Personen- und Kapitalgesellschaften wohl auch als Zweiterwerber beteiligt werden können (s. § 153 BewG Rz. 51, 73), muss das ursprüngliche Betriebsfinanzamt die ggf. bereits abgegebenen betrieblichen Steuerakten zurückfordern oder das neue Betriebsfinanzamt um Amtshilfe bitten.
Rz. 14
Bei Unzuständigkeit des aufgerufenen Finanzamts muss dieses den Bewertungsauftrag an das auffordernde Erbschaft-/Schenkungsteuerfinanzamt zurückzugeben. Zweifelsfälle sind unter Einschaltung der vorgesetzten Behörden zu klären (§ 28 Abs. 1 AO). Es liegt auf der Hand, dass derartige Zweifelsfälle bei Maßgeblichkeit der Verhältnisse des Erblassers/Schenkers eher selten sein dürften. Im Übrigen gelten auch hier die Regelungen der §§ 26 Satz 2 und 27 AO. Spielt das Betriebsfinanzamt gegenüber den Feststellungsbeteiligten mit offenen Karten, kann ggf. eine Zuständigkeitsvereinbarung zustande kommen (§ 27 Sätze 2–4 AO).
Rz. 15– 17
Einstweilen frei.