Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 31
Bei der landwirtschaftlichen Nutzung bestimmt sich der Wert des Besatzkapitals nach der Nutzung, dem Nutzungsteil und der Nutzungsart des Grund und Bodens. Bei der landwirtschaftlichen Nutzung ist zusätzlich die Betriebsgröße nach § 163 Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 bis 3 zu berücksichtigen. Der danach maßgebliche Wert für das Besatzkapital ergibt sich jeweils aus der Spalte 6 der Anlagen 14, 15a und 17 sowie aus der Spalte 5 der Anlagen 16 und 18 und ist mit den selbst bewirtschafteten Flächen zu vervielfältigen.
Rz. 32
Der Rückgriff auf die bewirtschafteten Flächen, also auch auf Zupachtflächen, ist dem Umstand geschuldet, dass bei zugepachteten Flächen auch das Besatzkapital für die entsprechenden Flächen vorgehalten wird und folglich einen größeren Umfang einnimmt. Dieser größere Bestand wirkt sich auch auf den Mindestwert der übrigen Wirtschaftsgüter aus.
Rz. 33
Ein Mindestwert für das Besatzkapital ist jedoch nicht zu ermitteln, wenn keine selbstbewirtschafteten Flächen i.S. des § 164 Abs. 4 Satz 3 BewG vorhanden sind. Dieser Sachverhalt ist bei verpachteten Betrieben, Teilbetrieben oder Einzelflächen sowie bei Stückländereien gegeben.
Rz. 34
Dies gilt auch bei einer eisernen Verpachtung (§ 582 BGB). Der fehlende Ansatz des Besatzkapitals beim Verpächter beruht in diesen Fällen darauf, dass die entsprechenden Wirtschaftsgüter in das wirtschaftliche Eigentum des Pächters übergehen und dort zu erfassen sind. Allerdings erfolgt bewertungsrechtlich weder beim Pächter noch beim Verpächter ein Ansatz.
Rz. 35
Beim Verpächter beruht das auf der Tatsache, dass keine selbstbewirtschafteten Flächen vorhanden sind (s. Rz. 33). Beim Pächter hingegen kann der Ansatz nicht erfolgen, weil er nicht zivilrechtlicher Eigentümer des Besatzkapitals ist. Diese sich aus dem Gesetz ergebende Konsequenz ist erstaunlich, weil gerade die eiserne Verpachtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes häufig als Vorstufe der späteren Betriebsübertragung genutzt wird. Es stellt sich daher die Frage, ob der Gesetzgeber diese Lücke gesehen und bewusst auf die Besteuerung verzichtet hat oder es sich lediglich um ein nicht erkanntes Problem handelt.
Rz. 36
Allerdings wird diese Sachlage von der Verwaltung anders gesehen. Nach R B 164 Abs. 6 Satz 6 ErbStR 2011 soll in den Fällen der eisernen Verpachtung die bewirtschaftete Fläche an die Stelle der selbstbewirtschafteten Fläche treten. Nach einem gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder soll zur Vereinfachung des Verfahrens und zur Beibehaltung der Abgeltung des Substanzerhaltungsanspruchs abweichend von RB 164 Absatz 6 Satz 6 ErbStR 2011 die eiserne Verpachtung als Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit auf andere Art und Weise anzusehen sein. Aus Sicht des Erblassers oder Schenkers sei daher für die Bestimmung der Standarddeckungsbeiträge, der Betriebsgröße und Betriebsform der landwirtschaftlichen Nutzung folgerichtig auf die verpachteten Eigentumsflächen als selbst bewirtschaftete Flächen abzustellen. Für die übrigen Nutzungen gelte dies entsprechend. Diese Auslegung stellt jedoch m.E. einen Verstoß gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes dar. Die entsprechende Regelung ist allerdings in die ErbStR 2019 nicht übernommen worden; der Ländererlass hat jedoch weiterhin Gültigkeit.
Rz. 37
Zum Mindestwertverfahren bei landwirtschaftlicher Nutzung enthält H B 164 (1) ErbStH 2020 folgendes zusammenfassendes Beispiel:
Landwirtschaftsbetrieb in Oberbayern mit folgenden Betriebsverhältnissen: Ackerbau 50 ha Eigentum und 55,0020 ha Zupachtflächen, betriebliche Verbindlichkeiten 57.000 EUR.
1. Ermittlung des Gesamtstandarddeckungsbeitrags für die landw. Nutzung
Standarddeckungsbeitrag/ha für |
Anbauflächen/ha |
Betrag |
Weichweizen |
598 EUR |
30,0000 |
17.940,00 EUR |
Kartoffel |
2.327 EUR |
40,0000 |
93.080,00 EUR |
Raps |
584 EUR |
30,0000 |
17.520,00 EUR |
Gerste |
516 EUR |
2,5010 |
1.290,52 EUR |
Roggen |
402 EUR |
2,5010 |
1.008,40 EUR |
Summe |
|
|
130.835,92 EUR |
Gesamtstandarddeckungsbeitrag des Betriebs (gerundet) |
|
|
130.836 EUR |
2. Ermittlung der Nutzungsart bzw. Betriebsform für die landwirtschaftliche Nutzung
Da die Standarddeckungsbeiträge der pflanzlichen Nutzung alle dem Ackerbau zuzuordnen sind, ist das Klassifizierungsmerkmal > [2]/3 erfüllt. Es liegt ein reiner Ackerbaubetrieb vor.
3. Ermittlung der Betriebsgröße für die landwirtschaftliche Nutzung
Gesamtstandarddeckungsbeitrag 130.836 : 1.200 = 109,03 EGE. Die Betriebsgröße liegt über 100 EGE = Großbetrieb.
4. Bewertungsparameter Anlage 14 zum BewG
Pachtpreis/ha – Oberbayern, Großbetrieb, Ackerbau |
312,00 EUR |
Besatzkapital/ha – Oberbayern, Großbetrieb, Ackerbau |
68,00 EUR |
5. Bewertung des Betriebs
Mindestwertverfahren |
Nutzungsart |
Wert EUR/ha |
jeweilige Fläche |
Kapitalisierungsfaktor |
Mindestwert |
Grund und Boden Ackerbau > 100 EGE |
312 |
50,0000 ha |
18,6 |
290.160,00 EUR |
Besatzkapital Ackerbau > 100 EGE |
68 |
105,0020 ha |
18,6 |
132.806,53 EUR |
./. Verbindlichk... |