Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 163
Ein Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft liegt vor, wenn überwiegend im eigenen Hauptbetrieb erzeugte Rohstoffe be- oder verarbeitet werden und die dabei gewonnenen Erzeugnisse überwiegend für den Verkauf bestimmt sind oder ein Land- und Forstwirt Umsätze aus der Übernahme von Rohstoffen (z.B. organische Abfälle) erzielt, diese be- oder verarbeitet und die dabei gewonnenen Erzeugnisse nahezu ausschließlich im eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft verwendet und die Erzeugnisse im Rahmen einer ersten Stufe der Be- oder Verarbeitung, die noch dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen ist, hergestellt werden. Die Regelung galt bis zum 31.12.2011 aus Vereinfachungsgründen auch für Produkte der zweiten (gewerblichen) Verarbeitungsstufe, wenn diese zur Angebotsabrundung im Rahmen der Direktvermarktung eigener land- und forstwirtschaftlicher Produkte abgegeben werden und der Umsatz daraus nicht mehr als 10.300 EUR im Wirtschaftsjahr betrug. Inzwischen wurde diese Aussage aber dahingehend modifiziert, als nunmehr typisierend davon ausgegangen wird, dass die Umsätze aus dieser Tätigkeit der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen sind, wenn sie dauerhaft insgesamt nicht mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes und nicht mehr als 51.500 EUR betragen. Generell gilt, dass der Nebenbetrieb den Hauptbetrieb fördern und ergänzen muss und durch den Hauptbetrieb geprägt ist. Der Nebenbetrieb muss folglich in funktionaler Hinsicht vom Hauptbetrieb abhängig sein. Die Verbindung darf nicht nur zufällig oder vorübergehend und nicht ohne Nachteil für den Hauptbetrieb lösbar sein.
Rz. 164
Ein Nebenbetrieb kann auch vorliegen, wenn er ausschließlich von Land- und Forstwirten gemeinschaftlich betrieben wird und nur in deren Hauptbetrieben erzeugte Rohstoffe be- oder verarbeitet werden, oder nur Erzeugnisse gewonnen werden, die ausschließlich in diesen Betrieben verwendet werden. Das gilt auch dann, wenn die von einem Mitunternehmer ausgeübte Tätigkeit dem gemeinsam mit anderen geführten landwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt ist.
Rz. 165
Nebenbetriebe sind auch Substanzbetriebe wie z.B. Sandgruben, Kiesgruben, Torfstiche, wenn die gewonnene Substanz überwiegend im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet wird. Der Absatz von Eigenerzeugnissen über einen eigenständigen Einzel- oder Großhandelsbetrieb, die Ausführung von Dienstleistungen und die Ausführung von besonderen Leistungen sind i.d.R. keine Nebenbetriebe.
Rz. 166
Sofern die Entsorgung organischer Abfälle (z.B. Klärschlamm) im selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht im Rahmen eines Nebenbetriebs geschieht, ist sie nur dann der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, wenn dabei weiterhin die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte durch Verwertung der selbst gewonnenen Erzeugnisse im Vordergrund stehen. Das Einsammeln, Abfahren und Sortieren organischer Abfälle, das mit der Ausbringung auf Flächen oder der Verfütterung an Tierbestände des selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang steht, ist somit land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit. Ein Landwirt, der auch einen Gewerbebetrieb für Klärschlammtransporte unterhält, erzielt mit den Einnahmen für den Transport und die Ausbringung von Klärschlamm allerdings auch insoweit gewerbliche Einkünfte, als er den Klärschlamm mit Maschinen des Gewerbebetriebes auf selbstbewirtschaftete Flächen ausbringt. Der BFH hat in diesem Bereich inzwischen eine sehr restriktive Haltung eingenommen und beurteilt Klärschlammabfuhren und die Abholung und Verwertung von Speiseabfällen zumindest umsatzsteuerrechtlich generell nicht mehr als landwirtschaftliche Dienstleistung. Zur Abgrenzung der Land- und Forstwirtschaft vom Gewerbe beim Betrieb von Biogasanlagen kommt es im Wesentlichen auf die Herkunft und den Umfang der dazu aus eigener Produktion bereit gestellten Biomasse an.
Rz. 167
Die Übernahme und Verwertung fremder Erzeugnisse stehen der Einstufung einer gewerblichen Betätigung als land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb nicht generell entgegen. Hierbei gibt es bestimmte Toleranzgrenzen. Der früher in R 15.5 Abs. 5 und 6 EStR 2008 eingenommenen Ansicht der Verwaltung hat der BFH zwischenzeitlich eine deutliche Absage erteilt und z.B. Fremdprodukte, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses verwendet werden, nicht in die Ermittlung der schädlichen Zukaufsgrenzen einbezogen. Insgesamt ist in diesem Bereich jedoch eine Verschärfung der Anforderungen zulasten der Land- und Forstwirtschaft zu verzeichnen.
Rz. 168
Die Verwaltung hat auf die neue Rechtsprechung reagiert und die entsprechenden Regelungen in R 15.5. EStR überarbeitet und die überarbeitete Fassung in die EStR 2012 aufgenommen. Danach gelten alle land- und forstwirtschaftlichen Urprodukte, die im Rahmen des Erzeugungsprozes...