Rz. 201
Als Steuerschuldner kommen alle Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen in Betracht, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG potenziell Schenker und Erwerber sein können (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Dass dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht, wird auch aus weiteren Vorschriften deutlich, z.B.: §§ 7 Abs. 1 Nrn. 8 u. 9 sowie Abs. 7 Satz 1 und Abs. 8; 13 Abs. 1 Nrn. 13, 15, 16 u. 18; 15 Abs. 1; 15 Abs. 4; 18; 19a Abs. 1; 35 Abs. 1 Satz 1 (i.V.m. § 20 AO) u. Abs. 2 Nr. 1 ErbStG.
Rz. 202
Das Schenkungsteuerrecht, das ursprünglich lediglich die Umgehung der Erbschaftsteuer durch lebzeitige Vermögensübertragungen verhindern sollte, greift damit nicht nur weit über den Kreis potenziell erbberechtigter Personen hinaus. Die freigebige Zuwendung wird auch zum "Auffangtatbestand ungeklärter Vermögenszuwächse", denn das subjektive Merkmal der Freigebigkeit ist nicht zu problematisieren, wenn der Steuerpflichtige hierzu nicht substantiiert vorträgt (s. Anm. 113 f.). Folgerichtig muss damit jede objektiv unentgeltliche Bereicherung den zuständigen Schenkungsteuerstellen von den Beteiligten angezeigt (§ 30 Abs. 1, 2 ErbStG) bzw. von den Wohnsitz- und Betriebsfinanzämtern sowie den Außenprüfungsdiensten per Kontrollmitteilung mitgeteilt werden (s. auch § 30 ErbStG Anm. 5, § 34 ErbStG Anm. 11 ff.).
1. Vereine
Rz. 203
Ebenso wie natürliche Personen können auch juristische Personen unentgeltliche Leistungen erbringen und empfangen. Grundfigur der Juristischen Person des privaten Rechts ist der rechtsfähige Verein (§§ 21 ff. BGB), der als von seinen Mitgliedern unabhängiges Rechtssubjekt selbstverständlich auch zu ihnen Leistungsbeziehungen entgeltlicher und/oder unentgeltlicher Art unterhält. Ihr Innenverhältnis ist durch die Vereinsverfassung geprägt (§ 25 BGB). Ob und inwieweit Vermögensverschiebungen zwischen einem Verein und seinen Mitgliedern daher der Schenkungsteuer unterliegen, kann ohne Berücksichtigung der aus der Vereinssatzung resultierenden Leistungspflichten nicht entschieden werden. Konsequent sind deshalb außerordentliche, nicht allen auferlegte – disquotale – Leistungen einzelner Vereinsmitglieder schenkungsteuerbar (s. auch § 18 Anm. 5 f.). Entsprechendes gilt für nicht satzungsgemäße Vereinsleistungen in umgekehrter Richtung. Beachten Sie: Ob auch nicht rechtsfähige Vereine oder stattdessen ihre Mitglieder als Steuerschuldner in Betracht kommen, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.
2. Kapitalgesellschaften
Rz. 204
AG, GmbH, KGaA und Genossenschaft zählen zu den "Vereinen des Handelsrechts." Sind sie an einschlägigen Vorteilsgewährungen beteiligt, können grundsätzlich keine anderen Maßstäbe gelten. Die in der Vergangenheit recht lebhaft geführte Diskussion um deren Schenkungsteuerbarkeit (s. Anm. 604 f.) hat der Gesetzgeber mit § 7 Abs. 8 und § 15 Abs. 4 ErbStG nicht beendet. Vielmehr hat er damit bislang eher verdrängte und auch neue Fragen aufgeworfen, deren Erörterung primär davon abhängen wird, ob und wie sie von den Schenkungsteuerstellen beantwortet werden.
- So spricht der Wortlaut des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG durchaus nicht gegen, sondern eher für eine kumulative Besteuerung unentgeltlicher Zuwendungen an Kapitalgesellschaften sowohl gegenüber der Gesellschaft selbst nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als auch gegenüber den durch die Werterhöhung ihrer Anteile bereicherten Gesellschaftern (s. Anm. 601, 617).
- Und § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG s...