Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 9
Eine Besonderheit kann sich bei Grundstücken ergeben, die wesentlich größer sind, als es einer den Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht. Es liegt auf der Hand, dass bei einem übergroßen Grundstück wegen der Übergröße eine zu hohe Verzinsung des Bodenwerts abgezogen werden könnte. Dies könnte zu ungewollten Wertverzerrungen führen. § 185 Abs. 2 Satz 3 BewG versucht dies zu verhindern.
Rz. 10
Deshalb darf bei einem Grundstück, das wesentlich größer ist, als es einer den Gebäuden angemessenen Nutzung entspricht, der Bodenwert dieser Teilfläche bei der Berechnung des Verzinsungsbetrags nicht berücksichtigt werden, wenn eine zusätzliche Nutzung oder Verwertung der Teilfläche des Grundstücks zulässig und möglich ist. Somit wird bei einem Grundstück, das durch die vorhandene Bebauung nicht angemessen genutzt wird, und bei dem eine zusätzliche Verwertung einer Teilfläche zulässig und möglich ist, diese Teilfläche bei der Berechnung des Abzugs der Bodenwertverzinsung nicht einbezogen. Im Ergebnis darf bei der Ermittlung des Betrags der Bodenwertverzinsung nur die der jeweiligen Bebauung zurechenbare Grundstücksfläche angesetzt werden.
Rz. 11
Unverzichtbare Voraussetzung ist dabei, dass die selbstständig verwertbaren Teilflächen nicht als selbstständige wirtschaftliche Einheiten anzusehen sind.
1. Bedeutung der Vorschrift in der Praxis
Rz. 12
Eine ähnliche Regelung gilt bei Grundstücksbewertungen, die von Sachverständigen zur Verkehrswertermittlung durchgeführt werden. Da sich der Umfang der zu bewertenden Grundstückseinheit bei der Verkehrswertermittlung der Sachverständigen nicht nach dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit i.S. des § 2 BewG richtet, hat dort die Kürzung des auf den Bodenwert entfallenden Verzinsungsbetrags in der Praxis seine Berechtigung.
Rz. 13
Bei der Ermittlung des gemeinen Werts nach dem Bewertungsgesetz dürfte diese Regelung dagegen häufig ins Leere laufen, weil zu befürchten ist, dass eine selbstständige Verwertbarkeit einer Teilfläche von den Bewertungsstellen der Finanzämter regelmäßig nur dann zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, wenn die Teilfläche bereits nach allgemeinen Grundsätzen eine separate wirtschaftliche Einheit i.S. des § 2 BewG bildet. Der Steuerzahler wird die Regelung des § 185 Abs. 2 Satz 3 BewG kaum verlangen, weil die Kürzung des auf den Bodenwert entfallenden Verzinsungsbetrags in den Fällen von übergroßen Grundstücken im Ergebnis den Reinertrag des Grundstücks und damit den festzustellenden Grundbesitzwert erhöht.
2. Beispiel zur Kürzung des Verzinsungsbetrags
Rz. 14
H B 185.1 Abs. 3 ErbStH 2011 enthält das nachstehende Beispiel bezüglich der Berechnung der Bodenwertverzinsung bei einer selbstständig verwertbaren Teilfläche:
Beispiel
Für das Ertragswertobjekt auf dem Grundstück A ist lediglich die Teilfläche 1 für den zu erzielenden Ertrag notwendig. Die Teilfläche 2 ist selbstständig nutzbar. Eine sofortige Parzellierung der beiden Teilflächen ist nicht möglich, so dass das Grundstück A eine wirtschaftliche Einheit bildet. Bei der Berechnung des Betrags der Bodenwertverzinsung ist ausschließlich die Teilfläche 1 zu berücksichtigen. Bei der Bodenwertermittlung sind dagegen beide Teilflächen anzusetzen.
3. Selbstständig verwertbare Teilfläche
Rz. 15
Nach der Auffassung der Finanzverwaltung ist für die Annahme einer selbstständig nutzbaren Teilfläche nicht entscheidend, ob die Teilflächen baulich nutzbar sind. Vielmehr wird unter einer selbstständig nutzbaren Teilfläche jede sinnvolle Nutzung verstanden. Dabei kann es sich beispielsweise um eine Lagerfläche, Abstellfläche, Gartenfläche, einen Schrebergarten oder eine ähnliche Nutzung handeln.
Rz. 16
Zwar verlangt die Finanzverwaltung, dass die selbstständig nutzbare Teilfläche hinreichend groß und so gestaltet sein muss, damit eine entsprechende Nutzung möglich ist. Allerdings trifft die Finanzverwaltung keine Aussage, wann dies der Fall ist. Bei normalen Einfamilienhäusern mit einem größeren Garten wird man kaum von einer selbstständig nutzbaren Teilfläche sprechen können. Gehört zu einem aufwändig gebauten Einfamilienhaus ein größeres Parkgrundstück, das auch losgelöst von dem Einfamilienhaus als Park genutzt werden könnte, wird man eine selbstständig verwertbare Teilfläche unterstellen können.
Rz. 17
Im Ergebnis bleibt die Frage offen, wie die – selbstständig – verwertbare Teilfläche von der zum bebauten Grundstück gehörenden Fläche abgegrenzt werden kann. Zwar legt die Finanzverwaltung fest, dass die dem bebauten Grundstück zurechenbare Grundstücksfläche regelmäßig de...