1. Zweck der Vorschrift
Rz. 321
Die Vorschrift wurde gleichzeitig mit § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 ErbStG in das ErbStG eingefügt. Seit dem 5.3.1999 werden daher nicht nur sämtliche Zuwendungen an (s.o. Rz. 298 f.), sondern auch von Vermögensmassen ausländischen Rechts mit zweckgebundenen Vermögen von ihrer Gründung bis zu ihrer Beendigung spezialgesetzlich als steuerbare Schenkungen erfasst. Der Gesetzgeber hatte dabei als Ziel vor Augen, Vermögensübergänge unter Zwischenschaltung insb. sog. Trusts künftig effektiver zu besteuern.
2. Bei Auflösung einer auf die Bindung von Vermögen gerichteten Vermögensmasse ausländischen Rechts (Satz 2 Alt. 1)
Rz. 323
§ 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Alt. 1 ErbStG fingiert die Vermögensübertragungen als steuerbare Schenkungen, die im Zuge der Verteilung des bei Auflösung vorhandenen Zweckvermögens erfolgen. Dies ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG ("Dem steht gleich..."). Bei entsprechend enger Auslegung der Vorschrift erfasst sie daher stets den Erwerb der sog. Endberechtigten, d.h. derjenigen Personen, die, vergleichbar den anfallberechtigten Erwerbern i.S.d. §§ 45 Abs. 1, Abs. 3, 88 BGB (s.o. Rz. 306, 314), nach den maßgebenden Statuten das bei Beendigung der Vermögensmasse existente (Rest-)Vermögen erhalten. Allerdings wird nicht allein der letzte Erwerber zum Steuerschuldner; steuerbar ist nicht nur der Erwerb des letzten Vermögensgegenstands. Sieht man den Zusammenhang mit Alt. 2 (s. Rz. 325), unterliegt jede im und nach dem Auflösungszeitpunkt ausgeführte Vermögensverschiebung dem Zugriff nach Alt. 1. Nur so bleiben keine Besteuerungslücken, wenn sich die Verteilung des Zweckvermögens über einen mehr oder weniger längeren Zeitraum hinzieht. – Zum Steuerentstehungszeitpunkt s. Rz. 309.
3. Erwerbe durch "Zwischenberechtigte" (Satz 2 Alt. 2)
Rz. 325
Dem sich bei Aufhebung/Auflösung einer/s Stiftung/Vereins ereignenden Erwerb steht nicht nur der von § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Alt. 1 ErbStG, sondern auch der in Satz 2 Alt. 2 umschriebene Erwerb gleich. Die danach erfassten Erwerbsvorgänge während des Bestehens der Vermögensmasse geschehen, in Abgrenzung zu den Alt. 1 unterliegenden Fällen (s. Rz. 323), vor Auflösung der Vermögensmasse. Steuerbar nach Alt. 2 sind somit sämtliche Übertragungen aus der Vermögensmasse bis zu dem Moment, in dem sich ihr ursprünglicher Zweck der Bindung von Vermögen hin zur Verteilung des Vermögens ändert.
Rz. 326
Entsprechende Vermögensverschiebungen bei Stiftungen oder Vereinen vor ihrer Liquidation werden allenfalls unter § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG subsummiert (s. Rz. 330 ff.). Nahezu voraussetzungslos greift die spezielle Fiktion des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Alt. 2 ErbStG weit darüber hinaus, wenn man als Zwischenberechtigte alle Personen bezeichnet, die im Zeitraum zwischen Errichtung und Auflösung aus der Vermögensmasse bereichert werden. So durfte man den BFH verstehen, der laufende Zahlungen aus der Substanz und den Erträgen eines amerikanischen Trusts, dessen Vermögen dereinst den Kindern der Zahlungsempfängerin zufallen sollte, als tatbestandsmäßige Schenkung behandelte. Doch dies schränkt er inzwischen ein; er seziert das Wort: "Zwischenberechtigte", hebt den Begriffsteil "...berechtigte" hervor und konkretisiert nunmehr, Zwischenberechtigter i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Alt. 2 ErbStG könne nur sein, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über Rechte an dem Vermögen und/oder den Erträgen der Vermögensmasse ausländischen Rechts verfügt. Der Zuwendungsempfänger, der keinen Anspruch auf Zuwendungen besitzt, gehört nicht dazu.
Rz. 327
Mit § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Alt. 2 ErbStG wurde, so die Gesetzesbegründung, zwar nur klargestellt, dass auch für den Fall bestehender Zwischennutzungsrechte am Vermögen der Vermögensmasse ein Erwerb der Zwischenberechtigten von der Vermögensmasse vorliege. Der BFH behauptet jedoch, der zunächst nur auf die Auskehrung bei Auflösung der Vermögensmasse gerichtete Tatbestand des Satzes 2 (Alt. 1) habe auf Zwischennutzungsrechte am Ve...