Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 20
Die bei Besteuerungszeitpunkten vor dem 1.1.2009 nach § 146 Abs. 2 Satz 1 BewG angeordnete Bewertung von bebauten Grundstücken in einem stark vereinfachten Ertragswertverfahren mit einem starren Einheitsvervielfältiger von 12,5 verfehlte nach dem Beschluss des BVerfG vom 7.11.2006 den gemeinen Wert regelmäßig. Deshalb hat bei bebauten Grundstücken die Ermittlung der Bemessungsgrundlage bereits auf der Bewertungsebene nicht den Anforderungen des Gleichheitssatzes genügt. Bereits die in § 146 BewG gewählte Methode war strukturell ungeeignet, um diesen Teil des Grundvermögens in einer gleichheitsgerechten Annäherung an den gemeinen Wert abzubilden. Diese Bewertung bebauter Grundstücke führt im rechnerischen Durchschnitt – entsprechend den gesetzgeberischen Vorstellungen – nicht nur zu Grundbesitzwerten, die etwa 50 % des gemeinen Werts erreichen, so dass eine Annäherung an den gemeinen Wert nicht erfolgt. Vielmehr differieren die Einzelergebnisse auch in erheblicher Anzahl zwischen weniger als 20 % und über 100 % des gemeinen Werts.
Rz. 21
Die grobe Vereinfachung der bisherigen Grundbesitzbewertung wurde besonders deutlich bei einem Vergleich mit der ebenfalls als ein vereinfachtes Ertragswertverfahren anzusehenden sog. Maklermethode. Diese weist je nach Lage und Alter für Renditeobjekte Vervielfältiger zwischen 8 und 22, bei guten Ortslagen auch bis zu 24 aus. Deshalb war der Einheitsvervielfältiger von 12,5 offenkundig nicht überzeugend, zumal § 146 BewG – mit Ausnahme des Zuschlags für Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen – keine Rücksicht auf die unterschiedlichen Grundstücksarten nahm und die regionalen Unterschiede der Grundstücksmärkte gänzlich unberücksichtigt ließ. Es war daher offensichtlich, dass ein einheitlicher Vervielfältiger für bebaute Grundstücke ohne Berücksichtigung der Grundstücksart und der Lage zu erheblichen Bewertungsunterschieden im Verhältnis zum gemeinen Wert führen muss.
Rz. 22
Die Ermittlung des konkreten gemeinen Werts im Einzelfall wäre zweifellos wegen der Vielzahl der im Einzelnen maßgebenden und wertbestimmenden Faktoren kaum oder allenfalls dann möglich, wenn individuelle Einzelgutachten erstellt würden. Einen derartig hohen Anspruch an ein Wertermittlungsverfahren für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer hat das BVerfG jedoch nicht gestellt. Der Ansatz des konkreten gemeinen Werts im Einzelfall ist daher verfassungsrechtlich nicht geboten. Es ist davon auszugehen, dass es bei Grundstücken nur eine "Streubreitengleichheit" geben kann. Genau deshalb ist es zutreffend, dass bei der Bewertung des Grundvermögens Ungenauigkeiten innerhalb einer Streubreite hingenommen werden müssen.
Rz. 23
Nach den bisherigen Praxiserfahrungen kann davon ausgegangen werden, dass das in § 177 BewG mit den typisierten Bewertungsverfahren angestrebte Bewertungsziel gemeinen Wertes wohl tatsächlich erreicht wird. Jedenfalls kann nicht von einer flächendeckenden Unterbewertung gesprochen werden. Umgekehrt kann eine Überbewertung seitens des Steuerzahlers durch die Möglichkeit des Nachweises des niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG vermieden werden.
Rz. 24– 25
Einstweilen frei.