1. Zivilrecht
Rz. 200
Mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters kann ein Geschäftsanteil jederzeit eingezogen werden. Ohne Zustimmung kann er nur eingezogen werden, soweit das im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist (§ 34 Abs. 1 GmbHG), und nur dann, wenn die Einziehungsvoraussetzungen im Gesellschaftsvertrag festgesetzt worden sind, bevor der Gesellschafter den Geschäftsanteil erworben hat (§ 34 Abs. 2 GmbHG).
Im Allgemeinen wird in den Gesellschaftsverträgen die Einziehung für den Fall geregelt, dass in der Person des betroffenen Gesellschafters ein wichtiger Grund vorliegt, wobei einzelne Gründe beispielhaft aufgeführt werden. Denkbar ist, um die gesetzlich geregelte Vererblichkeit des Geschäftsanteils (§ 15 Abs. 1 GmbHG) zu vermeiden, eine Einziehung im Gesellschaftsvertrag für den Fall vorzusehen, dass der Anteil z.B. nicht auf bestimmte Familienangehörige übergeht. In der Praxis wird ferner vereinbart, dass ein einziehungsbelasteter Geschäftsanteil an die Gesellschaft oder einen Dritten abgetreten werden muss. Die Einziehung oder Abtretung erfolgt normalerweise gegen eine Abfindung in Geld. Ihre Höhe wird im Gesellschaftsvertrag geregelt; unter bestimmten Voraussetzungen kann sie auch ausgeschlossen werden (s. oben Rz. 182).
Rz. 201
Auch Aktien können eingezogen werden, zwangsweise oder nach Erwerb durch die Gesellschaft, wobei eine Zwangseinziehung in der Satzung vorgesehen sein muss (§ 237 Abs. 1 AktG). Die Einziehung erfolgt grundsätzlich nach den Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung und gegen Entgelt (§ 237 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 AktG), das dem wirklichen Wert der Aktie entsprechen muss. Voll eingezahlte Aktien können auch in einem vereinfachten Verfahren eingezogen werden, unter anderem zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage (§ 237 Abs. 3 AktG).
2. Steuerrecht
a) Steuertatbestand
Rz. 202
Wird auf Grund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag einer GmbH der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bei dessen Tod eingezogen und übersteigt der sich nach § 12 ErbStG ergebende Wert seines Anteils zur Zeit seines Todes Abfindungsansprüche Dritter, gilt die insoweit bewirkte Werterhöhung der Geschäftsanteile der verbleibenden Gesellschafter als Schenkung auf den Todesfall. Maßgebend ist der Betrag, um den der steuerliche Wert jedes Anteils zunimmt.
Beispiel:
An der X-GmbH sind A, B und C zu je 1/3 beteiligt. Der Wert ihrer Anteile beträgt nach § 11 BewG je 1 Mio. EUR. Als A verstirbt, wird der Anteil satzungsgemäß eingezogen und die Erben des A erhalten – weil gesellschaftsvertraglich so geregelt – als Abfindung 500.000 EUR.
Die Abfindung beträgt im Ergebnis nur 50 % des Anteilswertes des A von 1 Mio. EUR, so dass die Anteile von B und C infolge der Einziehung um 500.000 EUR im Wert steigen. B und C haben den anteilig ihnen zuzurechnenden Wertzuwachs von je 250.000 EUR je nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 ErbStG zu versteuern.
Im Unterschied zum Ausscheiden aus einer Personengesellschaft gegen zu niedriges Entgelt ist eine Begünstigung nach § 13a ErbStG im Falle der Einziehung ausgeschlossen, da es an einem Erwerb eines Gesellschaftsanteils bei den verbleibenden Gesellschaftern mangelt. Empfohlen wird deshalb, im Gesellschaftsvertrag statt der Einziehung des Gesellschafts-/Geschäftsanteils die Zwangsabtretung vorzusehen, da bei einer Abtretung des Gesellschafts-/Geschäftsanteils die Verschonung nach §§ 13a, 13b ErbStG – so die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen – beansprucht werden kann.
b) AG statt GmbH
Rz. 203
Die Vorschrift gilt explizit nicht für eine AG, bei der eine Einziehung gleichermaßen vorgesehen werden kann, wenn ein Aktionär durch Tod ausscheidet. Daher kann die Besteuerung vermieden werden, indem eine GmbH vor der Einziehung durch Formwechsel ertragsteuerneutral in eine AG umgewandelt wird.
c) Abtretung des Geschäftsanteils
Rz. 204
Nach § 15 GmbHG ist die Vererblichkeit des GmbH-Geschäftsanteils nicht abdingbar. Dennoch kann (s. Rz. 202) der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass der Erbe bzw. die Erben verpflichtet sind, den Geschäftsanteil an die Mitgesellschafter oder die Gesellschaft abzutreten. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG erfasst diese gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen, durch die die Erben verpflichtet werden, den durch Erbanfall erworbenen Geschäftsanteil gegen eine Abfindung zu übertragen, die geringer ist als der sich nach § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG ergebende steuerliche Wert des Anteils. Erwerber i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG sind entweder der oder die Gesellschafter oder – bei Erwerb durch die Gesellschaft selbst – die Gesellschaft. War der Erblasser zu mehr als 25 % unmittelbar am Nennkapital der inländischen Kapitalgesellschaft beteiligt, ist der Erwerb der Anteile nach §§ 13a, 13c oder 28a bzw. 19a ErbStG begünstigt. Ist die Kapitalgesellschaft als Erwerber anz...