Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
A. Grundaussagen der Vorschrift
I. Regelungsgegenstand
Rz. 1
§ 253 Abs. 1 BewG definiert die erste Stufe der Wertermittlung im vereinfachten Ertragswertverfahren und regelt die Ermittlung des kapitalisierten Reinertrags des Grundstücks. Hierzu sind vom jährlichen Rohertrag des Grundstücks (§ 254 BewG) die nicht umlagefähigen Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG) abzuziehen.
Rz. 2
§ 253 Abs. 2 BewG regelt die Ermittlung des Barwerts der Reinerträge durch Anwendung des Vervielfältigers (Barwertfaktors) nach Anlage 37 zum BewG auf den jährlichen Reinertrag des Grundstücks. Maßgeblich für den Vervielfältiger sind der Liegenschaftszinssatz (§ 256 BewG) und die Restnutzungsdauer des Gebäudes.
Rz. 3
Die Vorschrift legt eine wertabhängige Bemessungsgrundlage für Zwecke der Grundsteuer fest, die zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.2022 festzustellen und ab der Hauptveranlagung 1.1.2025 anzuwenden ist.
Rz. 4
§ 253 BewG gilt bei der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Grundsteuer.
II. Rechtsentwicklung
Rz. 5
§ 253 BewG ist durch Art. 1 GrStRefG neu in das Bewertungsgesetz eingefügt worden und für Zwecke der Grundsteuer ab dem 1.1.2025 anzuwenden. Die Neufassung reagiert auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18.4.2018.
Rz. 6
§ 253 Abs. 2 Satz 3 und § 253 Abs. 2 Satz 6 sind durch das Fondsstandortgesetz ab 1.7.2021 geändert worden.
Rz. 7
§ 253 Abs. 2 Satz 3 BewG hatte zunächst folgenden Wortlaut:
Die Restnutzungsdauer ist grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer, die sich aus Anlage 38 ergibt, und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag.
§ 253 Abs. 2 Satz 6 BewG hatte zunächst folgenden Wortlaut:
Bei einer bestehenden Abbruchverpflichtung für das Gebäude ist die Restnutzungsdauer abweichend von den Sätzen 3 bis 5 auf den Unterschiedsbetrag zwischen der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag begrenzt.
Rz. 8
Dieser Wortlaut hätte dazu geführt, dass zu jedem Beginn eines Kalenderjahres eine Wertfortschreibung zu prüfen wäre, weil sich das Alter des Gebäudes zu jedem Bewertungsstichtag ändert. Jedoch besteht der Vorteil eines Hauptfeststellungszeitraums insb. darin, dass nicht zu jedem Stichtag Wertfortschreibungen durchgeführt werden müssen, nur weil sich das Alter des Gebäudes ändert. Insoweit hat der Gesetzgeber die Vorschrift in der Weise nachgebessert, dass sich die Restnutzungsdauer aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Alter des Gebäudes und dem Hauptfeststellungszeitpunkt ergibt. Damit bleibt die Alterswertminderung für den gesamten Hauptfeststellungszeitraum konstant.
Rz. 9– 10
Einstweilen frei.
B. Reinertrag (Abs. 1)
Rz. 11
Der kapitalisierte Reinertrag ist neben dem abgezinsten Bodenwert eine der Zielgrößen des vereinfachten Ertragswertverfahrens. Um diese Zielgröße zu ermitteln sind zuvor weitere Rechenschritte erforderlich. Zunächst ist der Reinertrag aus dem Rohertrag zu ermitteln. Er ergibt sich wie folgt:
Rohertrag des Grundstücks (§ 254 BewG)
abzüglich Bewirtschaftungskosten (§ 255 BewG)
Reinertrag des Grundstücks
Rz. 12
Die Berechnung des Rohertrags des Grundstücks richtet sich nach § 254 BewG. Der Umfang der zu berücksichtigenden Bewirtschaftungskosten ergibt sich aus § 255 BewG. Im Ergebnis kann der kapitalisierte Reinertrag somit erst berechnet werden, wenn in einer Vorermittlung sowohl der Rohertrag des Grundstücks als auch die Bewirtschaftungskosten bestimmt worden sind.
Rz. 13
Hinsichtlich der Ermittlung des Rohertrags ist als besonderes Merkmal der Grundsteuerwertermittlung hervorzuheben, dass sich dieser aus einer sogenannten Listenmiete ergibt, die sich nach § 254 BewG ohne Berücksichtigung ...