A. Grundaussagen der Vorschrift
I. Regelungsgehalt
Rz. 1
Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz hatte die Fälle, in denen jemand Vermögen erwirbt, dessen Nutzungen einem anderen als dem Erwerber zustehen, oder das mit einer Rentenverpflichtung oder mit der Verpflichtung zu einer sonstigen Leistung belastet ist, in zwei verschiedenen Vorschriften geregelt: § 25 ErbStG regelte die Besteuerung des Erwerbers des Vermögens – also des Verpflichteten –, während § 23 ErbStG, und zwar generell und nicht nur in den Fällen des belasteten Vermögenserwerbs, demgegenüber für die Besteuerung des Berechtigten galt und auch nach wie vor gilt. § 25 ErbStG hingegen ist durch das ErbStRG aufgehoben. Lediglich in Erbfällen, die vor dem 1.1.2009 eingetreten sind, und für Schenkungen, die vor diesem Zeitpunkt ausgeführt worden sind, ist weiterhin § 25 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 ErbStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung anzuwenden. Soweit dies zum Verständnis erforderlich ist, wird auf die bisherigen Grundsätze des § 25 ErbStG a.F. eingegangen.
Rz. 2
Der Erwerb von Renten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen ist nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. den §§ 13 bis 16 BewG mit dem Kapitalwert (Jahreswert × Vervielfältiger) zu bewerten. Die sofortige Steuerentrichtung nach dem Kapitalwert wird vom Gesetz jedoch nicht zwingend angeordnet. § 23 Abs. 1 Satz 1 ErbStG räumt dem Erwerber vielmehr ein Wahlrecht ein, die Steuer entweder vom Kapitalwert – als Sofortsteuer – oder jährlich im Voraus von dem Jahreswert zu entrichten. Hintergrund der Regelung ist, dass der Erwerber z.B. eines Rentenrechts oder eines Erbbauzinsanspruchs im Gegensatz zum Erwerber von Barvermögen den Kapitalwert des Rechts nicht sofort zur freien Verfügung hat; ein Eingriff in die Vermögenssubstanz soll ihm durch die laufende Besteuerung vom Jahreswert erspart werden. § 23 Abs. 1 ErbStG gibt dem Bedachten die Möglichkeit, die Steuer in Raten entsprechend dem Ertrag der Renten sowie der wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen zu zahlen.
Rz. 3
§ 23 ErbStG regelt somit nicht die Entstehung, sondern lediglich die Zahlungsweise der bereits entstandenen Erbschaftsteuer.
II. Anwendungsbereich
Rz. 4
Die Anwendung des § 23 ErbStG setzt den Erwerb von Nutzungsrechten oder anderen Rechten auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen voraus. Zu diesen Rechten gehört das Eigentum an erbbaurechtsbelasteten Grundstücken nicht. Der Anspruch des Eigentümers des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks auf den Erbbauzins stellt zwar ein derartiges Recht auf wiederkehrende Leistungen dar. Dieses Recht ist aber neben dem erbbaurechtsbelasteten Grundstück kein selbständiger Erwerbsgegenstand.
Rz. 5
Die Hauptanwendungsfälle des § 23 ErbStG in der Praxis sind der Nießbrauch und das Rentenvermächtnis. Durch das Jahressteuergesetz 2008 wurde der Sonderausgabenabzug bei Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen erheblich geändert. Nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG sind als Sonderausgaben künftig nur noch abzugsfähig "lebenslange, wiederkehrende Versorgungsleistungen", diese allerdings begrenzt auf Leistungen im Zusammenhang mit ganz bestimmten Vermögensübertragungen (§ 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchst. a–c und Satz 3 EStG). Ausgeschlossen ist der Sonderausgabenabzug damit nunmehr insbesondere für Immobilienbesitz, der im Privatvermögen gehalten wird. Gerade in solchen Fällen wurde in der Vergangenheit regelmäßig abgewogen, ob einer Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt aus steuerlichen und sonstigen Gründen der Vorzug zu geben war oder der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen. Künftig entfällt diese Abwägung. Es verbleibt lediglich die Nießbrauchslösung.
Rz. 6
Die Besteuerung des Berechtigten einer Rente, Nutzung und Leistung im Überblick:
Rz. 7– 10
Einstweilen frei.