A. Grundaussagen der Norm
Rz. 1
Der Steueranspruch erlischt nach § 47 AO bei Zahlung, Aufrechnung (§ 226 AO), Übereignung an Zahlungs statt (§ 224a AO), Befriedigung im Vollstreckungsverfahren, Verjährung oder Eintritt einer auflösenden Bedingung. Zusätzlich sieht § 29 ErbStG einen besonderen Erlöschensgrund bei unentgeltlichen Zuwendungen vor.
Gegenüber § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG unterscheidet sich § 29 Abs. 1 ErbStG von den Voraussetzungen. So ist z.B. keine Identität des Vermögensgegenstands erforderlich. Der Rückerwerb durch die Eltern oder Voreltern ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG zwar steuerfrei, die für den ursprünglichen Erwerb entstandene Schenkungsteuer erlischt aber nicht (s.a. Rz. 18).
Rz. 2
§ 29 ErbStG ist auch eine Spezialvorschrift gegenüber § 5 Abs. 2 BewG (s. § 5 BewG Rz. 6). Stand eine unentgeltliche Zuwendung unter einer auflösenden Bedingung (z.B. bei einem Forderungsverzicht mit einer Besserungsabrede s. § 7 ErbStG Rz. 30, § 9 ErbStG Rz. 115 ff.), wird der mit dem Eintritt der Bedingung bewirkte Wegfall der Bereicherung bereits gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 5 Abs. 2 BewG berücksichtigt. Die Berichtigung der festgesetzten Schenkungsteuer erfolgt dann auf Antrag, der innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Bedingung gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 BewG zu stellen ist (s. § 5 BewG Rz. 8). § 5 Abs. 2 BewG gilt jedoch nicht bei der auflösend bedingten Übertragung von Betriebsvermögen gem. § 12 Abs. 5 ErbStG (s. § 5 BewG Rz. 5).
Rz. 3
Erlischt die Steuer nach § 29 ErbStG, so stellt dies ein rückwirkendes Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO dar. Der Beschenkte hat den Anspruch innerhalb der Festsetzungsfrist geltend zu machen, die mit Ablauf des Kalenderjahrs beginnt, in dem die Schenkungsteuer erlosch gem. § 175 Abs. 1 Satz 2 AO. Die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO hat der BFH auch für den Fall bejaht, dass ein Vorerwerb i.S. des § 14 ErbStG nach § 29 Abs. 1 ErbStG korrigiert wurde. Dann muss auch der Steuerbescheid für den Folgeerwerb nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden.
Rz. 4
Hatte der Schenker die Bezahlung der Schenkungsteuer gem. § 10 Abs. 2 ErbStG übernommen (s. § 10 ErbStG Rz. 48 ff.), so ist dieser Erstattungsberechtigter.
Rz. 5
Wegen der Regelung in Absatz 2 (s. Rz. 36 ff.) kommt es nur selten zu einer Rückzahlung der gezahlten Schenkungsteuer in voller Höhe. Wertveränderungen zwischen dem Schenkungsvollzug und der Herausgabe sind unbeachtlich. Bezahlte Stundungszinsen oder schon bezahlte Säumniszuschläge sind mit zu erstatten. § 29 Abs. 1 ErbStG geht als speziellere Norm der allgemeinen Regelung des § 240 Abs. 1 Satz 4 AO vor. Die gezahlte Steuer nebst gezahlten Stundungszinsen und Säumniszuschlägen ist unverzinst zu erstatten. Zu den ertragsteuerlichen Folgen der Rückabwicklung einer Schenkung (s. z.B. Entfall einer Wegzugsteuer i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AStG).
Rz. 6
Erfolgt die Rückabwicklung, bevor ein Schenkungsteuerbescheid ergangen ist, hat die Steuerfestsetzung zu unterbleiben.
Rz. 7
Einstweilen frei.
B. Herausgabe eines Geschenks wegen eines Rückforderungsrechts (Abs. 1 Nr. 1)
I. Geschenk
Rz. 8
Die Steuer erlischt mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit ein Geschenk wegen eines Rückforderungsrechts herausgegeben werden musste (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Voraussetzung ist, dass eine Schenkung endgültig erfolgt ist (§ 9 ErbStG). Darunter fallen alle Vorgänge nach § 7 ErbStG inklusive der Tatbestände für Stiftungen und Trusts i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 8 und 9 ErbStG, und die Schenkung auf den Todesfall gem. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sofern der Tod des Schenkers bereits eingetreten ist. Erfolgte noch keine Vermögensmehrung, so entfällt § 29 ErbStG; es bedarf dann keiner Rückgabe, die Aufhebung des Schenkungsvertrags genügt.
Rz. 9
Wurde z.B. ein Gegenstand nur treuhänderisch übertragen, so wurde zwar der Begünstigte zivilrechtlich Eigentümer, jedoch entstand zugleich ein Rückgewähranspruch des Leistenden, so dass es an einer Bereicherung fehlt, sofern der Leistende nicht von vornherein auf diesen Anspruch verzichtete.