Leitsatz
Die Steuerbegünstigung gemäß § 7i oder § 10f EStG für Baumaßnahmen an einem im EU-Ausland belegenen, aber auch zum kulturgeschichtlichen Erbe Deutschlands gehörenden Baudenkmal ist ausgeschlossen, wenn die Baumaßnahmen nicht vorher mit der für den Denkmalschutz zuständigen ausländischen Behörde abgestimmt worden sind. Auf die Frage, ob die Beschränkung auf im Inland belegene Gebäude mit dem Unionsrecht vereinbar ist, kommt es dann nicht an.
Normenkette
§ 7i Abs. 1 Sätze 1, 2 und 6, Abs. 2, § 10f Abs. 1 und 5 EStG, Art. 49 Abs. 1, Art. 63 Abs. 1 AEUV, § 120 Abs. 3 FGO, § 293, § 560 ZPO
Sachverhalt
Der unbeschränkt steuerpflichtige Kläger hatte 2008 eine ETW zu eigenen Wohnzwecken in einem Gebäude in der französischen Stadt B erworben, das in Frankreich Denkmalschutz genießt. Vorschriften des französischen Denkmalschutzrechts sehen vor, dass Arbeiten an einem "immeuble inscrit" entweder einer behördlichen Bau-, Abriss- oder Umbaugenehmigung bedürfen oder nicht genehmigungspflichtige Maßnahmen der zuständigen Behörde anzuzeigen sind. Der Kläger ließ in den Jahren 2008 bis 2010 unterschiedlichste Baumaßnahmen durchführen, ohne diese mit einer französischen oder deutschen Denkmalschutzbehörde abzustimmen. Den geltend gemachten Abzug der entsprechenden Aufwendungen gemäß § 10f EStG i.V.m. § 7i EStG lehnte das FA ab. Im Verlauf des Klageverfahrens bescheinigte die nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg für fachliche Denkmalpflege zuständige Behörde, dass das streitige Gebäude als prägendes Beispiel der deutschen Architektur in B auch das nationale kulturgeschichtliche Erbe Deutschlands mittrage. Eine weiter gehende Bescheinigung lehnte die Behörde ab, weil eine vorherige Abstimmung der Maßnahmen fehle und eine baden-württembergische Denkmalschutzbehörde für die Erteilung einer solchen Bescheinigung nicht zuständig sei. Die Klage hatte keinen Erfolg (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 14.1.2021, 3 K 1948/18, Haufe-Index 14436384).
Entscheidung
Die Revision war aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Erwägungen unbegründet.
Hinweis
1. Nach § 10f Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 7i EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen an einem eigenen Gebäude im Kalenderjahr des Abschlusses der Baumaßnahme und in den neun folgenden Kalenderjahren jeweils bis zu 9 % wie Sonderausgaben abziehen, wenn das Gebäude im Inland belegen und nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist sowie die Baumaßnahmen nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind (§ 7i Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Baumaßnahmen müssen zudem in Abstimmung mit der in § 7i Abs. 2 EStG bezeichneten Stelle durchgeführt worden sein (§ 7i Abs. 1 Satz 6 EStG), also mit der nach Landesrecht für die Belange des Denkmalschutzes zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle.
2. Sobald in einem Steuergesetz bei einer Begünstigungsvorschrift das Tatbestandsmerkmal "inländisch" oder "im Inland belegen" auftaucht, drängt sich sofort die Frage auf, ob diese Vorschrift unionsrechtskonform ist.
3. In Bezug auf die Beschränkung der Steuerbegünstigung auf inländische Baudenkmäler hat der EuGH bereits entschieden, dass die Niederlassungs- bzw. die Kapitalverkehrsfreiheit zwar beeinträchtigt ist, jedoch grundsätzlich keine diskriminierende Unterscheidung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden vorliegt, sofern die steuerliche Begünstigung der Erhaltung und dem Schutz des kulturgeschichtlichen Erbes des vorteilsgewährenden Mitgliedstaats dient und daher keine objektiv vergleichbare Situation zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden gegeben ist (EuGH, Urteile vom 18.12.2014, C-87/13, Haufe-Index 7539706, und C-133/13, Haufe-Index 7539708).
Es könne aber – so der EuGH – etwas anderes gelten, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis erbringt, dass das Gebäudedenkmal trotz seiner Lage im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats dennoch zum kulturgeschichtlichen Erbe des vorteilsgewährenden Staats gehört und aufgrund dieses Umstands – wenn es nicht außerhalb des Hoheitsgebiets läge – Gegenstand des Schutzes des dortigen Denkmalschutzgesetzes sein könnte.
4. Da § 10f Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 7i EStG dem Schutz und der Erhaltung des kulturgeschichtlichen Erbes Deutschlands dient, geht der BFH davon aus, dass das Inlandserfordernis des § 10f Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG jedenfalls grundsätzlich nicht mit unionsrechtlichen Grundfreiheiten kollidiert. Ob jedoch wegen der EuGH-Rechtsprechung eine Ausnahme vom Inlandserfordernis gemacht werden muss, wenn eine inländische Denkmalschutzbehörde bescheinigt, dass das konkrete Baudenkmal "das nationale kulturgeschichtliche Erbe Deutschlands mitträgt", konnte der BFH offenlassen, da im Streitfall die weiteren Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht erfüllt waren.
5. Auch wenn das in einem EU/EWR-Mitgliedstaat belegene Baudenkmal grundsätzlich begünstigungsfähig sein ...