Für virtuelle Währungen und sonstigen Token im Betriebsvermögen sind umfangreiche steuerliche und außersteuerliche Dokumentationspflichten zu beachten. Dies ist keine Besonderheit blockchainbasierter Vermögensgegenstände, sondern ergibt sich vielmehr aus den allgemeinen Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten für Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften.
Risiken bei Grenzfällen zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit: Während diese Pflichten für Steuerpflichtige, die virtuelle Währungen und sonstige Token per se im Betriebsvermögen anschaffen – zum Beispiel, weil sie in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft firmieren – wenig überraschend sein sollten, bergen sie für die Grenzfälle zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblicher Tätigkeit nicht unerhebliche Risiken. So mag auf Basis der, nach dem BMF analog anwendbaren (vgl. BMF v. 10.5.2022, BStBl. I 2022, 668 Rz. 52), BFH-Rspr. zum gewerblichen Wertpapier- und Devisenhandel die Abgrenzung der Vermögensanlagetätigkeit einer Einzelperson wohl im Regelfall gelingen (insoweit zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb Himmer / Liedgens, Ubg 2022, 194, 200 f.). Gleiches gilt für die klaren und insoweit begrüßenswerten Abgrenzungskriterien bei der Teilnahme an den Konsensalgorithmen proof of work und proof of stake (vgl. BMF v. 10.5.2022, BStBl. I 2022, 668 Rz. 39; dazu Himmer / Binder, Ubg 2022, 273, 274). Wesentlich schwieriger gestaltet sich eine trennscharfe Abgrenzung bei den weiterhin rasant fortschreitenden technischen Entwicklungen wie Liquidity Mining oder Yield Farming sowie bei Krypto- oder Venture Capital Fonds, die Anlagen in virtuellen Währungen oder sonstigen Token tätigen (vgl. dazu Richter / Sanning, ISR 2022, 205, 215). Werden solche Sachverhalte nachträglich als gewerblich eingestuft, sehen sich die Steuerpflichtigen, neben den meist negativen materiell-rechtlichen Konsequenzen, zusätzlich mit der Herausforderung konfrontiert, eine GoBD-konforme Buchführung vorhalten zu müssen.
Beraterhinweis Um dieses Risiko zu vermeiden, kann es sich empfehlen, die Gewerblichkeit des Vorhabens vorab im Rahmen einer verbindlichen Auskunft (§ 89 AO) abzufragen. Zwar wurden bislang entsprechende Auskünfte in der Beratungspraxis nur restriktiv, wenn überhaupt, erteilt. Indes lässt sich in jüngster Vergangenheit eine gegenläufige Tendenz beobachten, was sicherlich mit der Veröffentlichung der auf Bundesebene abgestimmten Abgrenzungskriterien begründet werden kann.
Zur Erfüllung der Einzelaufzeichnungspflicht (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO) sollen nach dem BMF-Entwurf (Rz. x8) die begründenden Belege, wenn keine anderen Möglichkeiten bestehen, auch z.B. in Form von Screenshots und Ausdrucken aufgezeichnet werden können. Dies ergibt sich bereits aus der AO, die für die Bücher und sonstigen Aufzeichnungen keine besondere Form vorsieht (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 146 AO Rz. 63 [August 2021]). Nach § 146 Abs. 5 Satz 1 AO können die Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen oder auf Datenträgern geführt werden. Bei tausenden oder zehntausenden einzelner Transaktionen im Jahr wird die Erfüllung der Einzelaufzeichnungspflicht ohnehin nur mit einer Software, die auf die verwendeten wallets und Handelsplattformen zugreift, gewährleistet werden können (vgl. Stellungnahme BStBK v. 25.8.2022, s. Fn. 3; Pielke, beck.digitax 2022, 307, 308).
Beraterhinweis Zu beachten ist hierbei, dass, soweit ersichtlich und anders als für Krypto-Transaktionen im Privatvermögen, keine standardisierten Softwarelösungen für den betrieblichen Bereich existieren. Bilanzierende Steuerpflichtige sind demnach auf spezialisierte Buchhalter oder Eigenlösungen angewiesen. Der Einsatz von Softwarelösungen, die für Krypto-Transaktionen im Privatvermögen konzipiert wurden, ist zumeist nur bedingt möglich, da im Privatvermögen abweichende Gewinnermittlungsvorschriften zu Anwendung kommen. Hilfsweise können solche Lösungen und außersteuerliche Softwaretools jedoch für eine aggregierte Gewinnung der Transaktionsdaten von verschiedenen Börsen und wallets eingesetzt werden, die anschließend in der Buchhaltung weiterverarbeitet werden.
Verweis im BMF-Schreiben auf die GoBD: Der BMF-Entwurf verweist ausdrücklich auf das BMF-Schreiben v. 28.11.2019 über "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)" (BMF v. 28.11.2019, BStBl. I 2019, 1269 ("GoBD"); ursprünglich BMF v. 14.11.2014, BStBl. I 2014, 1450). Unter Verweis auf Rz. 32 und 151 ff. des BMF-Schreibens vom 28.11.2019 ist in Rz. x9 des BMF-Entwurfs explizit vorgesehen, dass Steuerpflichtige, die für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Zusammenhang mit virtuellen Währungen und sonstigen Token eine spezielle Software nutzen, für diese eine Verfahrensdokumentation zu erstellen haben. Darüber hinaus seien die Anforderun...