Leitsatz
Die Lieferung alkoholischer Flüssigkeiten unterliegt dem Regelsteuersatz nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG 1999.
Normenkette
§ 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG
Sachverhalt
Die Klägerin bezog vergorene Kirschmaische von Landwirten. Sie erteilte Gutschriften, die entsprechend § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG den damaligen Regelsteuersatz von 16 % auswiesen, und nahm den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG in Anspruch. Das FA war der Ansicht, die vergorene Kirschmaische unterliege gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 UStG nur einem Steuersatz von 9 % und kürzte den Vorsteuerabzug entsprechend.
Das FG gab der Klage statt: Bei der vergorenen Kirschmaische handle sich um eine alkoholhaltige Flüssigkeit, die unter § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG falle (FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid vom 18.10.2006, 14 K 50/04, Haufe-Index 1699089, EFG 2007, 1123).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Der BFH ging auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG davon aus, die vergorene Kirschmaische sei eine alkoholische Flüssigkeit. Diese unterliege bei einer wortlautgemäßen Auslegung des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG einem Steuersatz von 16 %. Gründe für eine den Wortlaut korrigierende Auslegung lägen nicht vor.
Hinweis
1. Der Steuersatz (9 % oder 16 %) für die Lieferung von vergorener Kirschmaische, die als alkoholische Flüssigkeit zu qualifizieren ist, durch Landwirte, die der Durchschnittsbesteuerung unterliegen, hängt von der Auslegung des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG ab.
Nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG wird für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze die Steuer vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 wie folgt festgesetzt:
"2. für die Lieferungen der in der Anlage nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse und Getränke sowie von alkoholischen Flüssigkeiten, ausgenommen …, auf 16 % (seit 01.01.2007: 19 %)."
Bei einer grammatikalischen Auslegung bezieht sich die Wortgruppe "der in der Anlage nicht aufgeführten" nur auf die Sägewerkserzeugnisse und Getränke, nicht aber auf die alkoholischen Flüssigkeiten. Aus der Verwendung der unterschiedlichen Konjunktionen "und" einerseits und "sowie" in Verbindung mit der Präposition "von" andererseits folgt, dass es sich nicht um eine in sich geschlossene Aufzählung der drei Warenkategorien handelt.
2. Das Ergebnis einer wortlautgemäßen Auslegung kann dann zu korrigieren sein, wenn es sinnwidrig wäre oder zu Widersprüchen führen würde. Die Argumentationslast dafür trägt derjenige, der eine vom Wortlaut abweichende Auslegung erstrebt. Sind – wie bei § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG – keine Anhaltspunkte für eine Sinnwidrigkeitoder Widersprüchlichkeit gegeben, ist die Vorschrift gem. ihrem Wortlaut auszulegen.
3. Danach kommt es nicht darauf an, ob die alkoholischen Flüssigkeiten "in der Anlage" aufgeführt sind. Bei der Anlage handelt es sich um die Liste, für die gem. § 12 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 UStG der ermäßigte Steuersatz gilt. In dieser Liste wird auf Positionen des Zolltarifs Bezug genommen. Wird in § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG wegen der alkoholischen Flüssigkeiten nicht auf die Anlage und damit auch nicht auf den Zolltarif verwiesen, ist der Begriff der alkoholischen Flüssigkeiten umsatzsteuerlich und nicht zolltariflich auszulegen. Deshalb ist unerheblich, wie vergorene Kirschmaische zolltariflich einzuordnen ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.03.2008, XI R 65/06