Um die Digitalisierung in den Steuerabteilungen umfassend voranbringen zu können, ist der Fokus auf unterschiedliche Themen und Kompetenzen notwendig.
I Methodische Grundlagen
Methodische Grundlagen umfassen eine Vielzahl grundlegender terminologischer, konzeptioneller und technischer Aspekte, die für das Verständnis und die Gestaltung der Steuerfunktion wesentlich sind. Wie werden zum Beispiel Aufgaben, Abläufe und Daten modelliert? Welche Prozess- oder Datenmodelle werden dafür angewendet? Letztlich ist auch die technische Architektur der Steuerfunktion von Relevanz. Typische Architekturen sind ein hoch-integriertes Gesamtsystem, eine (Cloud-) Plattform oder verschiedene Einzel-Anwendungen, die über eine gemeinsame Steuer-Datenbank integriert sind.
II Technische Basissysteme
Um Steueranwendungen zu realisieren, werden wesentliche technische Basissysteme eingesetzt, die geplant werden müssen. Zunächst zu nennen sind transaktionsorientierte Datenbanksysteme, die auf dem relationalen Datenmodell basieren. Darüber hinaus sind inzwischen auch viele sog. Nicht-Standard-Datenbanken für den Einsatz im Steuerbereich interessant. Typische Ausprägungen sind beispielsweise Data Warehouses, Data Lakes oder In-Memory-Datenbanken, die auch für steuerliche Zwecke anwendbar sind. Zur Gestaltung automatisierter Abläufe sind außerdem Workflow-Management-Systeme in vielen Fällen nutzbringend.
III Datenanalytik
Daten sind das neue Öl – auch in der Steuerabteilung: Diese Daten müssen erfasst, systematisiert, analysiert und bearbeitet werden. Hierbei kommen in erster Linie konventionelle Methoden der statistischen Datenanalyse zum Einsatz. Ebenso haben sich inzwischen Konzepte der multidimensionalen Datenanalyse, etwa durch die Nutzung von sog. Business-Intelligence-Lösungen ("BI") etabliert. Auf diese Weise werden Datenwürfel analysiert, welche beispielsweise die Dimensionen Steuerart, Steuerperiode und Steueraufkommen umfassen. Mit neuen Konzepten und Methoden des Data Mining, Text Mining und Process Mining können Daten zur Erfüllung der Steuerfunktion für interessante Fragestellungen nutzbar gemacht werden. Die dabei gewonnenen Daten und Datenzusammenführungen können auf Dashboards visualisiert und zur Verfügung gestellt werden.
IV Intelligente Systeme
Intelligente Systeme erledigen Aufgaben, deren Bearbeitung typischerweise eine gewisse Intelligenzleistung erfordert. Beispielsweise können wissensbasierte Systeme zur umsatzsteuerlichen Klassifikation von Lieferungen und Leistungen eingesetzt werden. Lernende Systeme können aus den Daten bestimmte Aufgaben ableiten, wie z.B. das Buchen einzelner Belege. Dazu lassen sich mit unterschiedlichen Ansätzen Anomalien in Daten oder dem Buchungsverhalten erkennen und eskalieren. Steuerliche Dialog- und Assistenzsysteme ermöglichen eine einfache und gehaltvolle Interaktion mit dem Benutzer. Letztendlich bieten sog. Systeme zur robotergestützten Prozessautomatisierung in vielen Bereichen interessante Automatisierungspotenziale für steuerliche Fragestellungen.
V Innovations- und Technologieradar
Die technische Entwicklung ist im Steuerbereich noch längst nicht abgeschlossen, ganz im Gegenteil, es entwickeln sich zunehmend weitere technische Felder, die interessante Anwendungen im Steuerbereich versprechen. Diese Möglichkeiten systematisch zu erkennen und zu gestalten, ist die Zielsetzung eines Innovations- und Technikradars oder auch "Think Tanks". Aktuell geht es hier um Technologietrends wie Blockchain-Anwendungen, Modelle zur Reifegradbestimmung im KI-Umfeld oder Referenzmodelle für den Steuerbereich, welche die Tätigkeiten in der Steuerfunktion revolutionieren können.
VI Management
Der Einzug der Technik in die Steuerfunktion führt zu neuen und speziellen Aufgaben des Managements innerhalb der Steuerfunktion, die sowohl im gesamten Unternehmen wahrzunehmen sind, aber auch eine Fülle steuerspezifischer Besonderheiten aufweisen. Leiterinnen und Leiter von Steuerabteilungen brauchen eine Strategie. Sie sollten sich beispielsweisen mit den Fragen beschäftigen, ob die Steuerfunktion mit Informationstechnik zentral oder dezentral zu versorgen ist, ob sie kosten- oder wertorientiert auszurichten ist, oder ob Standard-Software im Steuerbereich sinnvoll eingesetzt werden kann. Darüber hinaus entstehen Aufgaben hinsichtlich des Managements sämtlicher Prozesse in der Steuerabteilung und seiner Schnittstellen in weitere Unternehmensprozesse. Auch die Bewertung, Auswahl und Einführung von Standardsystemen und letztlich sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Gestaltung von Prozessinnovation in der Steuerabteilung liegt im Aufgabenbereich des Managements. Nicht zuletzt müssen Führungskräfte einen Veränderungsmanagement-Prozess moderieren und die Mitarbeiter in den Transformationsprozess der Steuerfunktion einbinden und mitnehmen.