Grundsätzlich setzt nach dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem der EU die Entlastung des Unternehmers von der gezahlten Mehrwertsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs voraus, dass dieser die bezogene Eingangsleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet oder es sich zumindest um einen allgemeinen Kostenbestandteil entsprechender Tätigkeiten handelt. Der Vorsteuerabzug ist daher ausgeschlossen, wenn Eingangsleistungen für bestimmte steuerfreie Umsätze verwendet werden. Dies gilt insbesondere für Bank- und Finanzumsätze, Versicherungsumsätze, für Umsätze als Versicherungsmakler oder Versicherungsvertreter, für ärztliche Heilbehandlungen, für die meisten Krankenhausumsätze, für die steuerfreie Vermietung und den steuerfreien Verkauf von Immobilien.
Der Vorsteuerausschluss gilt auch dann, wenn sich der umsatzsteuerliche Leistungsort eines Umsatzes in das Ausland verlagert, der Umsatz jedoch umsatzsteuerfrei und vorsteuerschädlich wäre, wenn der Leistungsort im Inland gelegen wäre.
Allerdings hat der Richtliniengeber bei Einführung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems entschieden, dass der Ausschluss vom Vorsteuerabzug bei bestimmten Umsätzen im Zusammenhang mit umsatzsteuerlichen Drittlandsgebieten nicht eintreten soll (vgl. nunmehr Art. 169 MwStSystRL, dazu EuGH vom 15.07.2010, C-582/08, "Kommission gegen Großbritannien").
Diese Regelung hat Deutschland im Umsatzsteuergesetz umgesetzt. Sie sieht insbesondere vor, dass der Vorsteuerabzug doch gewährt wird, wenn ein Unternehmen grundsätzlich nach § 4 Nr. 8 a) bis g), Nr. 10 oder Nr. 11 steuerfreie Umsätze ausführt, deren Leistungsempfänger sich im Drittlandsgebiet befindet, oder wenn sie sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden (vgl. § 15 Abs. 3 UStG). Mit dem Austritt aus der EU verändert sich der Status des VK zu dem eines Drittlandsgebiets. Damit können sich positive Vorsteuereffekte für deutsche Unternehmen im Zusammenhang mit dem VK ergeben.
Wenn beispielsweise ein deutsches Unternehmen umsatzsteuerfrei Kredite an Kunden im VK gewährt, wäre nunmehr der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen möglich. Dies entspricht der bereits geltenden Handhabung für Kreditgewährungen an Kunden in den USA, in der Volksrepublik China oder in der Schweiz. Ebenfalls zum Vorsteuerabzug berechtigen würden Versicherungen für Gegenstände, die nach Großbritannien im Wege einer Ausfuhrlieferung gelangen, Darlehen, die der Finanzierung entsprechender Umsätze dienen, oder auch Bürgschaften für solche Vorgänge.
Beispiel
Die deutsche Export-Bank vereinbart mit dem deutschen Unternehmer Anlagenbau GmbH eine Bürgschaft im Zusammenhang mit dem Bau einer Chemieanlage in Birmingham. Dafür wird eine Provision von 2 % verlangt. Die Export-Bank ist insoweit zum Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen berechtigt.