Für die Ermittlung des Teilwerts gibt es keine festen Regeln. Bei der Ermittlung des Teilwerts als objektivem Wert handelt es sich um eine Schätzung i. S. d. § 162 AO, der nicht auf der persönlichen Auffassung des Steuerpflichtigen, sondern auf einer allgemeinen Werteinschätzung beruht. Die Rechtsprechung hat – im Interesse der Objektivierung und der erforderlichen Vereinfachung und Vereinheitlichung der Bewertung – zur Schätzungserleichterung sog. Teilwertvermutungen aufgestellt. Bei diesen Vermutungen handelt es sich um allgemeine Erfahrungssätze. Die vom BFH aufgestellten Teilwertvermutungen besagen Folgendes:
2.1 Abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
Der Teilwert eines neu hergestellten oder angeschafften abnutzbaren Anlageguts entspricht im Zeitpunkt seiner Anschaffung oder Herstellung den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. An den folgenden Bilanzstichtagen entspricht der Teilwert den fortgeführten – um die AfA geminderten – Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wobei grundsätzlich von der Anwendung der linearen AfA-Methode auszugehen ist.Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen und nach § 6b EStG oder R 6.6 EStR übertragene stille Reserven sind außer Acht zu lassen. Auch bei bezuschussten Wirtschaftsgütern geht die Teilwertvermutung von den ungekürzten Anschaffungs- oder Herstellungskosten aus.
Die Umqualifizierung von Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen in Herstellungsaufwand wegen Anschaffungsnähe nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG wirkt sich auf die Teilwertvermutung aus; eine Teilwertabschreibung kommt nur in Betracht, wenn der Teilwert unter den Buchwert in der Steuerbilanz sinkt.
Je kürzer der zeitliche Abstand zwischen Herstellungs-/Anschaffungszeitpunkt und dem maßgeblichen Bewertungsstichtag ist, desto stärker ist die Vermutung, dass Teilwert und Anschaffungs-/Herstellungsaufwand übereinstimmen, und desto größer sind auch die an den Nachweis einer Teilwertminderung zu stellenden Anforderungen.
Abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
Einzelgewerbetreibender A hat Anfang 2022 eine Maschine mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 5 Jahren für 50.000 EUR erworben und linear mit jährlich 20 % abgeschrieben (jährliche AfA: 10.000 EUR), sodass sich folgende Buchwerte ergeben:
Buchwert 31.12.2022 |
40.000 EUR |
Buchwert 31.12.2023 |
30.000 EUR |
Nach der Teilwertvermutung entsprechen die Anschaffungskosten von 50.000 EUR im Zeitpunkt der Anschaffung dem Teilwert. Zu den Bilanzstichtagen 31.12.2022 und 31.12.2023 geht die Teilwertvermutung dahin, dass der Teilwert der Maschine den um die AfA verminderten Anschaffungskosten, also dem Buchwert von 40.000 EUR bzw. 30.000 EUR, entspricht.
2.2 Nichtabnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
Der Teilwert entspricht sowohl im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung als auch an den folgenden Bilanzstichtagen den Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Für den Teilwert einer Beteiligung sind nicht nur die Ertragslage und die Ertragsaussichten, sondern auch der Vermögenswert und die funktionale Bedeutung des Beteiligungsunternehmens, z. B. im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, maßgebend.
2.3 Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens
Ihr Teilwert liegt im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung nicht unter den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und entspricht zu späteren Zeitpunkten den Wiederbeschaffungskosten, es sei denn, die Anschaffung wäre von vornherein eine Fehlmaßnahme gewesen. Für spätere Zeitpunkte hat der Steuerpflichtige zunächst die Möglichkeit, im Wege der sog. "progressiven", am Beschaffungsmarkt orientierten Berechnungsmethode nachzuweisen, dass die Wiederbeschaffungskosten der zum Absatz bestimmten Waren und sonstigen Vorräten unter die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gesunken sind.
Der Teilwert von zum Absatz bestimmten Waren und sonstigen Vorräten hängt aber nicht nur von ihren Herstellungs-(Reproduktions-)kosten, sondern auch von ih...