Für alle Tätigkeiten, die Arbeitnehmer im Ausland erbringen, stellt sich die Frage, welches sozialversicherungsrechtliche Regelungsregime anwendbar ist. Zudem sind steuerrechtliche Aspekte zu beachten.
3.1 Sozialversicherungrecht
3.1.1 Tätigkeit innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz
Für innerhalb der Europäischen Union erbrachte Tätigkeiten ist zum Sozialversicherungsrecht die Verordnung (EG) 883/2004 maßgeblich. Durch entsprechende Abkommen ist diese Verordnung auch auf den Europäischen Wirtschaftsraum und die Schweiz ausgeweitet.
Im Ausgangspunkt sieht die Verordnung vor, dass nur die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates anwendbar sind. Hiernach soll der Sozialversicherungsschutz möglichst lückenlos gewährleistet sein. Ein weiterer Zweck ist zudem, Mehrfachversicherungen und daraus resultierende Mehrfachbelastungen zu vermeiden, die sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer nachteilhaft wären.
Die weiteren Regelungen sehen als sog. Kollisionsnormen die Anwendbarkeit einer bestimmten einzelstaatlichen Rechtsordnung bzw. Teilen dieser Rechtsordnung vor. Das entsprechend anwendbar erklärte nationale Recht wird als sog. (Sozialrechts-)Statut bezeichnet.
Territorialitätsprinzip
Art. 11 Abs. 3 Buchst. a der VO (EG) 883/2904 regelt das sog. Territorialitätsprinzip. Hiernach gilt grundsätzlich das Sozialversicherungsrecht des Mitgliedstaates, in dem der Arbeitnehmer die Beschäftigung tatsächlich ausübt. Dieses Prinzip ist unabhängig von dem Umfang der verrichteten Tätigkeit und dem Lebensmittelpunkt des Arbeitnehmers anwendbar.
Ausnahmen von dem Territorialitätsprinzip
Von dem Territorialitätsprinzip gibt es indes relevante Ausnahmen, die im Ergebnis dazu führen, dass der Arbeitnehmer auch während der Auslandstätigkeit unverändert ausschließlich dem Sozialversicherungsrecht des "eigenen" Staates unterliegt.
Für die temporäre Tätigkeit innerhalb der EU bzw. des EWR und der Schweiz ist hiernach insbesondere die Entsendung nach Art. 12 der VO (EG) 883/2004 relevant. Danach bleibt ein Arbeitnehmer in Deutschland in allen Zweigen der Sozialversicherung versichert, wenn er vorübergehend außerhalb Deutschlands entsandt wird. Die Entsendung darf zudem die voraussichtliche Dauer von 24 Monaten nicht überschreiten und der Arbeitnehmer darf nicht eine andere entsandte Person ablösen.
Eine Entsendung setzt in diesem Sinne (im Grunde) voraus, dass sich ein Arbeitnehmer auf Weisung seines Arbeitgebers von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort eine Beschäftigung für den Arbeitgeber auszuüben; die Auslandstätigkeit muss mithin der Arbeitgeber veranlassen. Vor diesem Hintergrund war bisher davon auszugehen, dass eine remote Tätigkeit eines Arbeitnehmers im Ausland auf dessen Wunsch keine Entsendung sein könnte. Denn regelmäßig initiiert der Arbeitnehmer den Auslandsaufenthalt; von einer Weisung des Arbeitgebers kann vielfach keine Rede sein.
Nunmehr nimmt indes die Deutsche Verbindungsstelle der Krankenversicherung Ausland (DVKA) an, dass eine Entsendung auch dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber mit der temporären Auslandstätigkeit einverstanden ist, der Arbeitnehmer sie aber initiiert hat. Voraussetzung ist hiernach, dass
- der Arbeitgeber von der Auslandstätigkeit Kenntnis hat und dieser zustimmt,
- der Arbeitgeber die erbrachte Leistung entgegennimmt und vergütet sowie
- der Arbeitgeber die Entsendung bei der hierfür zuständigen Stelle beantragt.
Die Auslegung des Begriffs der Entsendung durch die DVKA ist rechtlich zwar vertretbar, aber nicht zwingend. Sie scheint indes praxisgerecht zu sein und wird auch – rechtlich unverbindlich, da nicht gesetzlich geregelt – durch das BMAS geteilt. Hiernach sprechen gute Argumente dafür, dass die temporäre Tätigkeit der Mitarbeiter innerhalb der EU bzw. des EWR und der Schweiz nicht dazu führt, dass die Mitarbeiter in dem jeweiligen ausländischen Tätigkeitsstaat sozialversicherungspflichtig werden.
Beantragung einer A1-Bescheinigung
Arbeitgeber sollten für jeden Fall der temporären Auslandstätigkeit innerhalb der EU bzw. des EWR und der Schweiz eine sog. A1-Bescheinigung rechtzeitig und vorab beantragen. Sie dient dazu, den Nachweis zur Sozialversicherung im Heimatstaat zu führen und entsprechend dazu, eine mehrfache Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zu vermeiden. Arbeitgeber können die A1-Bescheinigung relativ unkompliziert elektronisch bei dem (gesetzlichen) Krankenversicherer des Arbeitnehmers bzw. für privat krankenversicherte Arbeitnehmer bei der DRV Bund beantragen.
Unfallversicherung
Arbeitgeber sollten zudem mit Blick auf die Unfallversicherung prüfen, ob sie die temporäre Auslandstätigkeit bei der zuständigen Berufsgenossenschaft vorab anzumelden haben.
Für eine regelmäßige Tätigkeit im Ausland sieht Art. 13 der Verordnung (EG) 883/2004 zudem noch weitere Ausnahmen vor, die dazu führen, dass Arbeitnehmer in dem deutschen Sozialversicherungssystem verbleiben. Übt ein Arbeitnehmer die Beschäftigung für einen Arbeitgeber in mehreren Mitgliedstaaten gleichzeitig aus, ist nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. a VO...