rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des Einspruchs eines Milcherzeugers wegen Festsetzung der Milchgarantiemengenabgabe; Einspruchsfrist; Anwendbarkeit des Verwaltungsrechts für Dritte beschwerende Verwaltungsakte; Einspruch vor Bekanntgabe
Leitsatz (redaktionell)
1. Auf die Abgaben nach der Milchgarantiemengenregelung sind nach § 12 Abs. 1 MOG die Vorschriften der AO 1977 insbesondere auch §§ 167 und 168 AO 1977 entsprechend anzuwenden.
2. Ein Milcherzeuger hat das Recht gegen die - der einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehende - Anmeldung der Molkerei über die zu entrichtende Milchmengengarantieabgabe Einspruch einzulegen. Die Vorschrift des § 355 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 über den Beginn der Einspruchsfrist ist für den Milcherzeuger als Drittbetroffenen nicht anwendbar.
3. Die Grundsätze des Verwaltungsrechts zur Verwirkung eines Widerspruchsrechts bei begünstigenden Verwaltungsakten mit Drittwirkung sind für die Wahrung der Einspruchsfrist eines Milcherzeugers im Rahmen der Milchgarantiemengenabgabe heranzuziehen (Maßgeblichkeit der Kenntniserlangung des Milcherzeugers über den ihn belastenden Verwaltungsakt).
4. Einspruch vor Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes.
Normenkette
MilchGarMV § 11; AO 1977 § 168; MOG § 12 Abs. 1; AO 1977 § 355 Abs. 1 S. 2; VwGO
Tatbestand
Streitig ist die Festsetzung der Milchmengengarantieabgabe für den Zwölfmonatszeitraum (ZMZR) 1996/1997.
Der Kläger ist Landwirt in den alten Bundesländer. Die von ihm erzeugte Milch lieferte er im streitigen ZMZR ausschließlich an die XY Molkerei in A-Stadt/Thüringen. Diese gab u. a. auch für die vom Kläger erzeugte Milch am 13. August 1997 die Anmeldung für die Milchmengengarantieabgabe für den ZMZR 1996/97 gem. Art. 3 VO(EWG)Nr. 536/93 i.V.m. § 11 der Milchmengengarantie-Verordnung (MGV) bei dem damals noch existierenden Hauptzollamt (HZA) B-Stadt ab. Die Anmeldung stand nach § 8 Abs. 2 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. September 1995 (BGBl I, 1146), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Mai 1996 (BGBl I, 656) i.V.m. § 168 der Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.
Das HZA hob den Vorbehalt der Nachprüfung mit einem Schreiben gegenüber der Molkerei vom 18. November 1997 auf. Dem ging eine Betriebsprüfung (BP) voraus, die mit einer Erhöhung der abgabenpflichtigen Milchmenge für einen einzigen Erzeuger aus den alten Bundesländern wegen der Anwendung eines falschen Saldierungsschlüssels endete. Der Kläger war von den Änderungen nicht betroffen. Auf Grund der Feststellungen der BP forderte das HZA die Molkerei auf, eine berichtigte Anmeldung für den streitigen ZMZR abzugeben, die am 24. November 1997 beim HZA einging.
Bereits im März bzw. Juli 1997 hatte die Molkerei vom Milchgeld des Klägers einen Betrag in Höhe von 3.617,30 bzw. 7.481,03 DM auf Grund der VO(EWG) Nr. 3950/92 des Rates über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor einbehalten, weil er die ihm zugeteilte Referenzmenge im streitigen ZMZR überliefert hatte.
Unter Hinweis auf mehrere Klagen gegen die in der vorgenannten VO(EWG) enthaltenen Abgabe in Höhe von 115 v.H. des Milchrichtpreises, die auch als „Superabgabe” bezeichnet wird, legte der Kläger zunächst mit Schreiben vom 24. März 1998 beim HZA C-Stadt Einspruch gegen die Erhebung der Abgabe ein und beantragte deren Erstattung. Da offenbar Zweifel hinsichtlich der Zuständigkeit des HZA C-Stadt bestanden, legte der Kläger am 8. Juli 1998 nochmals beim damals noch bestehenden HZA B-Stadt Einspruch ein. Seinen Einspruch begründete er mit der Auffassung, die Einspruchsfrist habe nicht begonnen, da ihm kein Bescheid zugegangen sei. Zugleich stellte er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sollte der Einspruch tatsächlich verfristet sein, so sei jedenfalls der Antrag begründet. Er habe – mangels einem ihm gegenüber bekannt gegebenen Bescheid – keine Kenntnis von dem anzufechtenden Bescheid gehabt. Von der Möglichkeit gegen die Superabgabe vorzugehen habe er erst im März 1998 durch die Fachpresse Kenntnis erlangt.
Den Einspruch verwarf das nunmehr zuständige HZA D-Stadt als unzulässig, da der Einspruch erst nach Ablauf der Einspruchsfrist erhoben worden sei.
Zur Begründung seiner Klage wiederholt der Kläger im wesentlich seine bereits im Vorverfahren vorgebrachten Argumente. Außerdem ist er der Auffassung, für die Erhebung der Abgabe fehle es an einer Rechtsgrundlage. Die Abgabe sei willkürlich, zumal andere Mitgliedstaaten der Gemeinschaft die Verordnung nicht befolgten und Abgabe nicht eintrieben.
Der Kläger hat zuerst sinngemäß beantragt, ihm die einbehaltene Milchgarantiemengenabgabe in Höhe von 11.098,33 DM zu erstatten.
Nunmehr beantragt der Kläger,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 25. November 1998 ihm Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Rechtsausfü...