Entscheidungsstichwort (Thema)

Hin- und Herzahlen bei Aktivierung einer Vorrats-GmbH

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Beschluss vom 29.05.2006; Aktenzeichen 10 O 2024/05)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte zu 1.) begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe im ersten Rechtszug.

Der Kläger fordert als Insolvenzverwalter der C. GmbH Zahlung der Stammeinlage der Gemeinschuldnerin i.H.v. 25.000 EUR von den Beklagten zu 1.) und 2.) als Gesamtschuldner.

Im August 2001 erwarb die Beklagte zu 1.) im Wege eines "Mantelerwerbs" die V.-GmbH und wurde alleinige Gesellschafterin und auch Geschäftsführerin; die Gesellschaftsanteile wurden treuhänderisch für Herrn Dr. S., R., übernommen.

Die V.-GmbH war im Jahr 2001 im Registergerichtsbezirk Hamburg gegründet und unter HRB 89047 eingetragen worden. Das als Bareinlage zu erbringende Stammkapital betrug 48.895,75 DM (= 25.000 EUR). Nach Sitzverlegung und Änderung der Firmierung in C.-GmbH wurde die Gemeinschuldnerin am 8.4.2002 unter HRB 9206 in das Handelsregister des AG Gera eingetragen. Über das Vermögen der C.-GmbH wurde durch Beschluss des AG Erfurt vom 21.5.2004 wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet.

Laut Kassenbuch der V.-GmbH wurden am 20.6.2001 von ihrer einzigen Gesellschafterin, der A. mbH, 48.895,75 DM als Stammeinlage eingezahlt; dieser Betrag wurde dem Bankkonto der V.-GmbH am 2.8.2001 gutgeschrieben und verblieb dort bis zur Auflösung des Kontos am 21.8.2001. Abzüglich der Bankgebühren flossen am 21.8.2001 an die V.-GmbH 48.884,25 DM Barmittel zurück. Die Beklagte zu 1.) übergab am 22.8.2001 diese Gelder an Herrn Dr. S., der als Berater und Generalbevollmächtigter der Gemeinschuldnerin eingesetzt worden war, die Mittel allerdings nicht für die Gesellschaft verwendete.

Am 15.9.2001 wurde zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten zu 1.) ein Darlehensvertrag über 48.884 DM geschlossen, der nicht zur Auszahlung kam.

Der Beklagte zu 2.) erwarb am 7.1.2002 durch notariell beurkundeten Verkaufs- und Abtretungsvertrag einen Teilgeschäftsanteil der Gemeinschuldnerin i.H.v. 12.250 EUR, der treuhänderisch für Herrn H.K., J., gehalten wird.

Der Kläger trägt vor, Herr Dr. S. habe den GmbH-Mantel der V.-GmbH gekauft und die Beklagte zu 1.) habe, um ihre persönlichen Verbindlichkeiten ggü. Herrn Dr. S. zu erfüllen, die Stammeinlage der Gemeinschuldnerin an diesen weitergeleitet. Um den Vorgang buchhaltungstechnisch ordnungsgemäß zu belegen, sei der Darlehensvertrag geschlossen worden. Der Kläger ist der Ansicht, dass auf Grund der zeitlichen Abfolge zwischen der Aushändigung des Kassenbestands/der Stammeinlage an die Beklagte zu 1.) und dem Abschluss des Darlehensvertrags zwischen der Beklagten zu 1.) und der Gemeinschuldnerin über denselben Betrag die Stammeinlage der Gemeinschuldnerin nicht ordnungsgemäß geleistet worden und der Gemeinschuldnerin zu keinem Zeitpunkt zugeflossen sei. Die Stammeinlage sei damit nicht schuldbefreiend geleistet worden. Die Weiterreichung der Stammeinlage an Herrn Dr. S. habe zudem nicht zu einer Verwendung der Geldmittel für die Gemeinschuldnerin geführt, vielmehr seien die Geldmittel für gesellschaftsfremde Zwecke eingesetzt wurden. Ohne Bedeutung sei, dass die Verwendung der Geldmittel durch Herrn Dr. S. möglicherweise abredewidrig und ohne Kenntnis der Beklagten zu 1) geschah. Allerdings habe die Beklagte zu 1) auch nicht substantiiert dargelegt, welche Tätigkeit Herr Dr. S. geschuldet habe. Auch sei die Einlageforderung nicht verjährt, da eine faktische bzw. rechtliche Unverjährbarkeit vorliege. Da der Beklagte zu 2.) den Teilgeschäftsanteil wirksam erworben habe, hafte er ebenfalls uneingeschränkt für die ordnungsgemäße Erbringung der Stammeinlage.

Die Beklagte zu 1.) verteidigt sich damit, dass das Stammkapital der Gemeinschuldnerin vollständig eingezahlt worden sei, da es sich um eine "Bestandsgesellschaft" gehandelt habe, der laut Kassenbuch entsprechende Einzahlungen zugeflossen seien. Sie habe die Mittel auch für die Geschäftstätigkeit der Gemeinschuldnerin verwendet; die Auszahlung der Gelder an Herrn Dr. S. sei erfolgt, damit dieser selbstständig die Aufnahme des Geschäftsbetriebs vornehmen könne. Vom vereinbarungswidrigen Verwenden der Mittel in betrügerischer Absicht habe sie keine Kenntnis gehabt. Darüber hinaus sei die Klageforderung verjährt. Der Beklagte zu 2.) verteidigt sich damit, dass er wegen Unwirksamkeit des Anteilserwerbs gar nicht Gesellschafter der Gemeinschuldnerin geworden sei. Es liege weder ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss noch die Genehmigung durch die Gesellschaft vor; beides sehe aber der Gesellschaftsvertrag der Gemeinschuldnerin vor. Zudem habe er von den behaupteten Vorgängen keine Kenntnis, da er seine Gesellschaftsanteile erst am 7.1.2002 und somit nach dem streitigen Sachverhalt erworben habe.

Durch Beschluss vom 27.2.2006 hat das LG dem Kläger Prozesskostenhilfe für den ersten R...

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