aa) Dürftige Begründung
Während mit den Sätzen 2 und 3 das Transparenzprinzip fortgeführt wird, ordnet Satz 1 klarstellend die Beibehaltung des Gesamthandsprinzips an. Grund sei die Verknüpfung der §§ 13a, 13b ErbStG mit der Ertragsbesteuerung, für die dies nun in § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 AO-E geregelt werde (RefE, S. 252). Weshalb man, vereinfachungshalber, nicht § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 AO-E entsprechend ergänzt, mag hier offen bleiben. Bemerkenswert ist jedoch, dass das Gesamthandsprinzip "für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer", d.h. über die behaupteten Zusammenhänge der genannten Steuerbefreiungsnormen hinausgehend, Anwendung finden soll. Eine Begründung hierfür liefert der Gesetzentwurf nicht.
bb) Betroffene Personengesellschaften
Betroffen sind "Rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Absatz 2 Nummer 2 der Abgabenordnung)" und natürlich deren Gesellschafter (Sätze 2 und 3). Dem Klammerhinweis folgend stößt man auf "rechtsfähige Personengesellschaften einschließlich Gesellschaften (§ 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen", die begrifflich zu den sog. rechtsfähigen Personenvereinigungen gezählt werden. Dies dahin auszulegen, dass bei Verwendung der Worte "rechtsfähige Personengesellschaften" in der AO und den Einzelsteuergesetzen "neben den rechtsfähigen Personengesellschaften im Sinne des § 705 BGB ([...] auch) Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen gemeint" seien (RefE, S. 203), erscheint gewagt.
Beraterhinweis Da § 14a Abs. 2 Nr. 2 AO-E einerseits rechtsfähige Personengesellschaften benennt und andererseits sodann rechtsfähige Personengesellschaften i.S.d. § 705 BGB, Personenhandelsgesellschaften und weitere Gesellschaften, kann man zugleich auch zwischen diesen rechtsfähigen Personenvereinigungen unterscheiden. Möglicherweise gilt Satz 1 gerade für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften etc. nicht. Noch könnte die Vorschrift präziser gefasst werden.
cc) Erforderlichkeit?
Fraglich ist schließlich auch, ob Satz 1 überhaupt zur Verwirklichung des erstrebten Ziels erforderlich ist, künftig weiterhin anstelle rechtsfähiger Personengesellschaften deren Gesellschafter als Steuerschuldner zu behandeln (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Dies soll doch mit den Sätzen 2 und 3 angeordnet und speziell mit § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Alt. 2 AO-E umgesetzt werden unabhängig davon, ob man solche Gesellschaften als Gesamthand und das Gesellschaftsvermögen als Gesamthandsvermögen fingiert; für Fälle gesamthänderisch gebundenen Vermögens (d.h. bei Erbengemeinschaften [§§ 2032, 2033 BGB] und Gütergemeinschaften [§§ 1416, 1419, 1421 BGB]) gilt § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Alt. 1 AO-E (= § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bisher).
dd) Gesamthand und Gesamthandsvermögen
Satz 1 verwendet beide Begriffe ohne sie zu definieren. Offenbar wird unterstellt, dass dies nicht nötig ist. Bislang konnte, wer wollte, mit dem II. BFH-Senat auf die Umkehrung der in § 718 Abs. 1 BGB kodifizierten Legaldefinition des Gesellschaftsvermögens rekurrieren (hierzu Wachter, FR 2018, 96 [unter 4.c, bb], Anm. zu BFH v. 30.8.2017 – II R 46/15, BStBl. II 2019, 38 = ErbStB 2018, 1 [Hartmann]). Nun entfällt diese Vorschrift aber ab 1.1.2024. Womöglich greift Satz 1 begrifflich dann ins Leere.