aa) Geltungsbereich
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 ErbStG „unterliegen der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer)
- der Erwerb von Todes wegen;
- die Schenkungen unter Lebenden;
- die Zweckzuwendungen [...]”.
Per Fiktion werden diese erbschaft-/schenkungsteuerbaren Erwerbsvorgänge in § 3 Abs. 1 ErbStG (Als Erwerb von Todes wegen gilt [...]) und § 7 Abs. 1 ErbStG (Als Schenkungen unter Lebenden gelten [...]; s.a. Abs. 6, 7, 8) abschließend aufgezählt, Zweckzuwendungen in § 8 ErbStG definiert (Loose in von Oertzen/Loose, ErbStG2, § 1 Rz. 1, § 3 Rz. 1; Esskandari in v. Oertzen/Loose, ErbStG2, § 7 Rz. 1; Schienke-Ohletz in v. Oertzen/Loose, ErbStG2, § 8 Rz. 1). Ausdrücklich anknüpfend an § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 ErbStG bestimmt § 2a Satz 2 ErbStG, ebenfalls per Fiktion, dass bei einschlägigen Erwerben rechtsfähiger Personengesellschaften deren Gesellschafter als Erwerber gelten (RefE, S. 253). Ob damit der Anwendungsbereich der Vorschrift klar umrissen ist, muss sich zeigen.
bb) Bindungswirkung
Sofern sie zustande kommt, bindet diese gesetzliche Anordnung die Finanzverwaltung und auch die Rspr. (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG). Irritierend mag es daher sein, wenn in der Begründung des Gesetzentwurfs davon die Rede ist, dass "z.B. [...] die eigenständige schenkungssteuerrechtliche Prüfung weiterhin ergeben (soll), dass nicht die Gesellschaft, sondern die beteiligten Gesellschafter [...] als vermögensmäßig bereichert anzusehen sind." (RefE, S. 253). Für eine solche Prüfung, auf deren gewünschtes Ergebnis sich der II. BFH-Senat – übrigens ohne sich auf eine Vorschrift des ErbStG zu stützen – bislang mit Zustimmung der Verwaltung berief (zuletzt BFH v. 5.2.2020 – II R 9/17, BStBl. II 2020, 658 Rz. 13 ff. = ErbStB 2020, 281 [Knittel]), besteht nicht nur kein angeblicher Bedarf mehr. Sie ist künftig völlig überflüssig; "denn allein maßgebend ist die Gesetzeslage" (so noch ausdrücklich BFH v. 7.12.1988 – II R 150/85, BStBl. II 1989, 237, 239 – unter d)). Wenn die Gesellschafter rechtsfähiger Personengesellschaften bei einschlägigen Erwerben ihrer Gesellschaft als Erwerber gelten, sind sie kraft Fiktion, abweichend vom Zivilrecht, bereits dem Grunde nach bereichert.
cc) Zurechnung des Erwerbs
Allenfalls klärungsbedürftig ist der Umfang und damit die Höhe ihrer letztlich steuerpflichtigen Bereicherung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Es dürfte nicht akzeptabel sein, sie gegenständlich in einer Werterhöhung ihrer Gesellschaftsbeteiligungen zu sehen (so aber BFH v. 5.2.2020 – II R 9/17, BStBl. II 2020, 658 = ErbStB 2020, 281 [Knittel]). Insoweit greift nun § 39 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Alt. 2 AO-E: "Wirtschaftsgüter, die [...] einer rechtsfähigen Personengesellschaft zustehen, werden den [...] Gesellschaftern anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist." Letzteres folgt zwingend aus § 2a Satz 2 ErbStG-E. Welche Wirtschaftsgüter der Gesellschaft "zustehen", bestimmt sich ohne besondere gesetzliche Anordnung nach § 39 Abs. 1 AO und damit allein nach der zivilrechtlichen Rechtslage (BFH v. 6.5.2020 – II R 34/17, BStBl. II 2020, 744 = ErbStB 2020, 314 [Hartmann]). Wird eine rechtsfähige Personengesellschaft z.B.
- Alleinerbin, erwirbt sie durch Erbanfall die Erbschaft als Ganzes, d.h. sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden des Erblassers (§§ 1922 Abs. 1, 1942 Abs. 1 BGB);
- Miterbin, erwirbt sie den auf sie entfallenden Erbteil (§ 1922 Abs. 1 BGB), d.h. einen ihrer Erbquote entsprechenden Anteil am Nachlass, der mit dem Erbfall gemeinschaftliches Vermögen aller Miterben, Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft wird (§§ 1922 Abs. 1, 2032 ff. BGB);
- Vermächtnisnehmerin, erwirbt sie lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben/die Erbengemeinschaft (§§ 1939, 2147 BGB; BFH v. 23.11.2022 – II R 37/19, BFH/NV 2023, 641 Rz. 14 = ErbStB 2023, 97 [Krezer]);
- als Bedachte durch freigebige Zuwendung bereichert, ist grundsätzlich der konkrete Erwerbsgegenstand maßgebend (Hartmann in Stenger/Loose, BewG/ErbStG/GrStG, § 7 ErbStG Rz. 12).
dd) Anteilige Zurechnung
Nach § 2a Satz 2 ErbStG-E gelten "deren" und damit alle Gesellschafter der erwerbenden Gesellschaft als Erwerber. Die Zahl der Erwerbsfälle bestimmt sich daher nach der Anzahl der Gesellschafter, die ihr im Zeitpunkt der Steuerentstehung angehören (Stichtagsprinzip; §§ 9 Abs. 1 Nr. 1–3, 11 ErbStG). Wenn die gegenständliche Bereicherung anteilig jedem Gesellschafter zuzurechnen ist, liegt es auf der Hand, die Zurechnung der jeweiligen Erwerbsgegenstände nach einheitlichen Kriterien vorzunehmen. Sie könnte z.B. nach dem Kapitalkontenverhältnis (so im Falle disquotaler Gesellschaftereinlagen akzeptiert von BFH v. 5.2.2020 – II R 9/17, BStBl. II 2020, 658; kritisch Hartmann in Stenger/Loose, BewG/ErbStG/GrStG, § 7 ErbStG Rz. 26), dem Gewinnverteilungsschlüssel oder dem Kopfteilprinzip erfolgen (Hartmann in Stenger/Loose, BewG/ErbStG/GrStG, § 7 ErbStG Rz. 207; auch Georg, Diss. S. 513 ff.; zu GmbH & Co. KGs s. hier unter ff)). Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass § 709 Abs. 3 BGB n.F. die Gewinnverteilung primär an den gesellschaftsvertraglichen B...