Leitsatz
1. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass sich die Wendung "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung" nicht darauf bezieht, dass ein Lehrer gegen Entgelt einer von dieser Vorschrift erfassten Lehreinrichtung zur Verfügung gestellt wird, in der er dann vorübergehend unter der Verantwortung der genannten Einrichtung Unterricht erteilt. Dies gilt auch dann, wenn die die Lehrkraft zur Verfügung stellende Einrichtung selbst eine der Erziehung gewidmete Einrichtung des öffentlichen Rechts oder eine andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung ist.
2. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i i.V.m. Art. 13 Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass die entgeltliche Gestellung eines Lehrers an eine Lehreinrichtung, in der dieser Lehrer dann vorübergehend unter der Verantwortung der genannten Einrichtung Unterricht erteilt, eine von der Mehrwertsteuer befreite Tätigkeit in Form von im Sinn dieser Vorschrift mit dem Unterricht "eng verbundenen" Dienstleistungen sein kann, wenn diese Gestellung das Mittel darstellt, um unter den bestmöglichen Bedingungen in den Genuss des als Hauptleistung angesehenen Unterrichts zu kommen, und – was der nationale Richter zu prüfen hat – folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Sowohl die Hauptleistung als auch die mit der Hauptleistung eng verbundene Gestellung werden von in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i genannten Einrichtungen erbracht, wobei gegebenenfalls eventuell vom betreffenden Mitgliedstaat aufgrund von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a aufgestellte Bedingungen zu berücksichtigen sind.
- Die genannte Gestellung ist von solcher Art oder Qualität, dass ohne Rückgriff auf eine derartige Dienstleistung keine Gleichwertigkeit des Unterrichts der Zieleinrichtung und damit des ihren Studierenden erteilten Unterrichts gewährleistet wäre.
- Eine derartige Gestellung ist nicht im Wesentlichen dazu bestimmt, zusätzliche Einnahmen durch eine Tätigkeit zu erzielen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt wird.
Normenkette
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und Abs. 2 der 6. EG-RL (vgl. § 4 Nr. 21 UStG)
Sachverhalt
Horizon College (H) ist eine mit ihren Unterrichtsleistungen steuerbefreite "Lehreinrichtung" und stellte einige seiner Lehrer anderen Lehreinrichtungen (folgend "Zielschule") zur Verfügung, bei denen diese Lehrer unter der Verantwortung und nach näherer Maßgabe der Zielschule Unterricht erteilten. Der Lehrer erhielt sein Gehalt weiter von H. H stellte es ohne Mehrwertsteuer der Zielschule in Rechnung. Ob diese Lehrer-Gestellung steuerfrei sei, war streitig.
Entscheidung
Das nationale Gericht muss nun – da die Qualitätsanforderungen wohl erfüllt waren – noch ermitteln, ob H mit der Personalgestellung im unmittelbarem Wettbewerb mit gewerblichen Unternehmen stand und ob auch die Zielschule eine anerkannte Einrichtung war.
Hinweis
Die USt-Befreiungen sind nicht alle richtlinienkonform; deshalb ist jede Entscheidung hierzu von Bedeutung. Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL sind befreit u.a. "der Schul- und Hochschulunterricht ... sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung". Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL dürfen die Mitgliedstaaten die Befreiung von genau bezeichneten Bedingungen abhängig machen.
1. Nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten sind nach der 6. EG-RL befreit, sondern nur diejenigen, die in ihr einzeln aufgeführt und sehr genau – durch gemeinschaftsrechtliche Begriffe – beschrieben und eng auszulegen sind. Die enge Auslegung darf – weil auch das Ziel der Befreiung berücksichtigt werden muss – nicht dazu führen, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nimmt.
2. Zum Begriff "Schul- und Hochschulunterricht": Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL enthält keine Definition der verschiedenen Unterrichtsformen, auf die sich diese Bestimmung bezieht. Zwar ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten vom Unterrichtenden an die Studierenden ein besonders wichtiger Bestandteil der Unterrichtstätigkeit. Die Unterrichtstätigkeit, auf die Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL abstellt, besteht – so der EuGH – aus einer Gesamtheit von Elementen, zu denen neben denjenigen, die die zwischen den Unterrichtenden und den Studierenden zustande kommenden Beziehungen betreffen, gleichzeitig auch diejenigen gehören, die den organisatorischen Rahmen der fraglichen Einrichtung ausmachen. Die Gestellung eines Lehrers an eine "Zielschule", der dort unter deren Verantwortung Unterricht erteilt, reicht allein deshalb noch nicht aus, um dies als Unterrichtstätigkeit i.S.d. Buchst. i einzust...