OFD Frankfurt, Verfügung vom 11.5.2022, S 7100 A – 287 – St 110.2

 

1. Allgemeines

Vergütungen, die eine Körperschaft an die mit der Überwachung ihrer Geschäftsführung beauftragten Personen zahlt (Aufsichtsratsvergütungen), unterliegen auf der Ebene der Körperschaft einem hälftigen Abzugsverbot (vgl. § 10 Nr. 4 KStG). Die Körperschaft muss in der Anlage WA zur Körperschaftsteuererklärung den Empfänger der Aufsichtsratsvergütung, die Höhe der geleisteten Vergütung, die darin enthaltene Umsatzsteuer und den Tag der Zahlung angeben. Im Rahmen der Veranlagungstätigkeiten fertigen die Veranlagungsbezirke der Körperschaften eventuell Kontrollmitteilungen für die Wohnsitzfinanzämter der Aufsichtsräte (vgl. ofix: ORG/440).

Bei Auswertung der Kontrollmitteilungen sind insbesondere die folgenden Punkte zu beachten.

 

2. Unternehmereigenschaft

Einnahmen, die Steuerpflichtige aus der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied beziehen, unterliegen als sonstige Leistung grundsätzlich der Umsatzsteuer. Unerheblich ist, ob das Aufsichtsratsmitglied nach erfolgter Wahl, auf Grund eines Entsendungsrechts oder in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer dem Aufsichtsrat angehört.

Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung jedoch kein Vergütungsrisiko, ist es nicht selbständig tätig und dementsprechend kein Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG (vgl. BMF-Schreiben vom 08. Juli 2021, BStBl I 2021 S. 919). Die Aufsichtsratsvergütung ist in solchen Fällen als Einnahme aus einer nicht selbständigen Tätigkeit nicht umsatzsteuerbar. Im Einzelnen wird auf die BMF-Schreiben vom 08.07.2021 (BStBl I 2021 S. 919) und vom 29.03.2022 (BStBl 2022 S. 567) verwiesen.

Bei Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft, die diese Tätigkeit auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ihres Dienstherrn übernommen haben und nach beamtenrechtlichen oder anderen dienstrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, die Vergütung ganz oder teilweise an den Dienstherrn abzuführen, steht die Aufsichtsratstätigkeit in so engem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, dass sie als Teil der unselbständigen Tätigkeit angesehen werden muss, auch wenn ein Vergütungsrisiko besteht.

Auch Teile der Vergütungen, die den Beamten und anderen Bediensteten nach bundes- oder landesrechtlichen Bestimmungen vom Dienstherrn belassen werden, sind ertragsteuerlich als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu behandeln (vgl. ofix: EStG/19/67). Für die Umsatzsteuer folgt hieraus, dass die in Betracht kommenden Beamten und anderen Bediensteten im Rahmen ihrer Aufsichtsratstätigkeit nicht selbständig tätig werden und somit nicht als Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG beurteilt werden können.

Für Minister und Staatssekretäre gilt die vorstehende Regelung entsprechend, soweit sie im Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zur Bundes- oder einer Landesregierung einem Aufsichtsrat angehören und einer öffentlich-rechtlichen (Teil-)Abführungspflicht unterliegen.

Wird der o.g. Personenkreis auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung einer Gebietskörperschaft in einem Verwaltungsrat oder einem anderen Organ einer Gesellschaft, Genossenschaft oder eines Unternehmens eines anderen Rechtsträgers tätig, sind die vorstehenden Grundsätze entsprechend anzuwenden.

 

3. Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten (§ 4 Nr. 26 UStG)

Zur Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten wird auf ofix: UStG/4/11 und ofix: UStG/4/133 verwiesen.

 

4. Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG)

Falls Aufsichtsräte die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, ist die Einhaltung der Grenzen des § 19 Abs. 1 UStG zu überwachen. Dabei sind neben einem reinen Umsatzanstieg auch andere Rechtsfolgen zu berücksichtigen, die Auswirkungen auf die Ermittlung des Gesamtumsatzes haben.

Beispiel 1:

U ist ein unternehmerisch tätiges Aufsichtsratsmitglied einer AG. Seine Aufsichtsratsvergütung beträgt im Jahr 202012.000 EUR. Zusätzlich erzielt U nach § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG steuerfreie Mieteinnahmen von jährlich 12.000 EUR. Da sein Gesamtumsatz 12.000 EUR beträgt (vgl. Abschn. 19.3. Abs. 2 UStAE), nimmt U die Kleinunternehmerregelung in Anspruch und stellt der AG für die Aufsichtsratstätigkeit keine USt in Rechnung.

Im Jahr 2021 erhält U ebenfalls 12.000 EUR Aufsichtsratsvergütung. Zusätzlich verzichtet U nach § 9 UStG auf die Steuerbefreiung, so dass U umsatzsteuerpflichtige Mieteinnahmen erzielt. Diese sind bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes mit einzubeziehen. Der Gesamtumsatz beträgt im Jahr 2021 damit 24.000 EUR. Die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung sind nach § 19 Abs. 1 UStG im Jahr 2021 erfüllt (Gesamtumsatz vorausgegangenes Kalenderjahr (2020) unter 22.000 EUR und Gesamtumsatz laufendes Kalenderjahr (2021) unter 50.000 EUR). U unterliegt mit seinen gesamten Umsätzen in 2022 der Regelbesteuerung.

 

5. Unberechtigt ausgewiesene Steuer (§ 14c Abs. 2 UStG)

Aufsichtsräte, die trotz Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung Umsatzsteuer gesondert ausweisen, schu...

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